Bereitschaftszeit in der 24-Stunden-Pflege ist Arbeitszeit
Ein Urteil mit Sprengkraft hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gefällt. 24-Stunden-Pflegekräfte müssen den Mindestlohn für die kompletten 24 Stunden erhalten. Dr. Stoll & Sauer fasst das Verfahren kurz zusammen:
- Eine Bulgarin, die als „24-Stunden-Pflegekraft für zu Hause“ von einer Agentur nach Deutschland vermittelt worden war, pflegte eine ältere, alleinlebende Dame in ihrer Wohnung in einer Seniorenanlage. Zu ihren Aufgaben gehörte das Wohnen bei der Frau, das Führen des Haushalts, die Hilfe beim Essen und bei der Körperpflege und das soziale Betreuen. Dafür war ein Entgelt für 30 Stunden pro Woche vereinbart.
- Da die Pflegerin jeden Tag von sechs morgens bis 22 oder 23 Uhr abends arbeitete und auch nachts jederzeit bereit sein musste, verlangte sie die Bezahlung für die kompletten 24 Stunden. Ihr stehe daher der Mindestlohn für 24 Stunden an sieben Tagen die Woche, also 168 Wochenstunden, zu. Der Arbeitgeber verwies auf die vereinbarte Arbeitszeit von 30 Wochenstunden.
- Das Landesarbeitsgericht gab der Klage statt. Das Gericht führte eine Beweisaufnahme durch und fand dabei heraus, dass die bulgarische Pflegerin die Pflege der alten Dame tatsächlich für rund 24 Stunden am Tag und damit für deutlich mehr als die vertraglich vereinbarten 30 Stunden in der Woche habe sicherstellen müssen. Sie war in ständiger Bereitschaft.
- Für das Gericht war damit klar, dass der Pflegerin für diesen Zeitraum der Mindestlohn zustand – außer die Dame erhielt Besuch von der Familie oder sie war mit Angehörigen unterwegs. Der Arbeitgeber muss jetzt 38.700 Euro nachzahlen.
- Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.
Und das aus guten Grund: Denn das höchste deutsche Arbeitsgericht hatte sich bereits im Juni 2021 mit der Situation der „24-Stunden-Pflegekräfte“ beschäftigt. Der gesetzliche Mindestlohn gilt auch für Bereitschaftsdienstzeiten, in denen Pflegekräfte auf Abruf sind, so das Gericht. Ein solcher Dienst könne auch darin bestehen, dass die Pflegekraft im Haushalt der zu betreuenden Person wohnen muss und grundsätzlich verpflichtet ist, zu allen Tag- und Nachtstunden bei Bedarf Arbeit zu leisten, hieß es in der Entscheidung (Az. 5 AZR 505/20).
Dr. Stoll & Sauer bietet höchste Expertise rund ums Arbeitsrecht
Der vorliegende Fall zeigt eines deutlich: Wer seine Rechte und Pflichten kennt, ist klar im Vorteil. Das gilt für Arbeitnehmer wie auch für Arbeitgeber. Hält sich eine der beiden Parteien innerhalb eines Arbeitsverhältnisses nicht an sie, ist ein Anwalt für Arbeitsrecht gefragt. Denn: Konflikte im Arbeitsrecht lösen sich nur professionell. Mandanten der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer genießen individuelle Beratung an den Standorten Lahr, Stuttgart, Ettenheim und Kenzingen. Hier vertreten unsere Fachanwälte Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Führungskräfte sowie Betriebsräte direkt vor Ort, aber auch bundesweit sind wir bei außergerichtlichen und gerichtlichen Verhandlungen für unsere Mandanten da. Die Verbraucherkanzlei Dr. Stoll & Sauer bietet eine kostenlose Erstberatung im Online-Check an. Gemeinsam und individuell finden wir den richtigen Weg aus jeder heiklen Arbeitsrechtssituation.
Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Verbraucher- und Anlegerschutzrecht. Mit der Expertise von 40 Anwälten und Fachanwälten steht die Kanzlei in allen wichtigen Rechtsgebieten den Mandanten in den Standorten Lahr, Stuttgart, Kenzingen und Ettenheim zur Verfügung. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht sowie den Abgasskandal spezialisiert. Hinzu kommen die Themen Arbeits-, IT-, Versicherungs-, Reise- und Verwaltungsrecht. Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG, handelten für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Vergleich aus. Aktuell führen die Inhaber in einer Spezialgesellschaft die Musterfeststellungsklage gegen die Mercedes-Benz Group AG. Im JUVE Handbuch 2019/2020 wird die Kanzlei für ihre Kompetenz beim Management von Massenverfahren als marktprägend erwähnt.
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