Kulturdebatte im Bundestag: Der Ton wird rauer

Heute fand im Deutschen Bundestag im Rahmen der Generalaussprache die Debatte zum Kulturhaushalt des Bundes statt. Die Oppositionsabgeordneten des Deutschen Bundestag haben die Regierung in die Mangel genommen, die Abgeordneten der Regierungsfraktionen haben mit Verve die Vorhaben der Kulturstaatsministerin verteidigt.

Gleich zu Beginn ergriff Kulturstaatsministerin Claudia Roth, MdB (Bündnis 90/Die Grünen) das Wort und unterstrich in ihrer Rede die Bedeutung von Kunst und Kultur für die Demokratie. Mit Leidenschaft sprach sie von Journalistinnen und Journalisten als Fachkräften der Demokratie. Konkret nannte vier Vorhaben: die Verbesserung der sozialen Lage im Kulturbereich, die Entwicklung einer Erinnerungskultur für die Zukunft, die Stärkung der kulturellen Vielfalt auch im ländlichen Raum sowie Verbesserung der Nachhaltigkeit als Voraussetzung für die Freiheit der Kunst.

Otto Fricke, MdB (FDP) unterstrich die Bedeutung eines selbstbewussten Parlaments, denn die Abgeordneten sind nahe an den Menschen. Er dankte dem Bundesarbeitsminister für die Stärkung der Künstlersozialkasse aus dem Etat des BMAS.

Martin Renner, MdB (AfD) sorgte sich um die Freiheit der Kunst und bezeichnete die Kulturpolitik Roths als ideologiegetränkt, ökosozialistisch und von Genderdadaismus geprägt. Deutsche Kultur hätte keine Berechtigung mehr, so sein Fazit.

Andreas Audretsch, MdB (Bündnis 90/Die Grünen) spannte den Bogen von Integrationsaufgaben zur Sicherung des gesellschaftlichen Zusammenhalts zu Exilprogrammen für Geflüchtete, die angesichts des Ukrainekriegs an Bedeutung gewinnen. Der Haushaltsaufwuchs bei der Deutschen Welle soll, so Audretsch, das freie Denken der Welt zeigen. Green Culture ist eine Antwort auf die Forderungen aus dem Kulturbereich, um mehr Nachhaltigkeit zu erreichen. Die Sperrung von 6 Mio. Euro im Etat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz versteht er als Ansporn zur Umsetzung von Reformen.

Anikó Merten, MdB (FDP) betonte die Bedeutung von Kunst und Kultur für gesellschaftliche Diskussions- und Verständigungsprozesse. Neben der Verbesserung der sozialen Lage im Kulturbereich nahm sie auch die Kultur- und Kreativwirtschaft als integralen Bestandteil der Wirtschaft in den Blick, die gestärkt werden muss.

Kerstin Radomski, MdB (CDU/CSU) lobte zuerst, dass mit dem Kulturhaushalt 2022 an den der Vorgängerregierung angeknüpft wurde, um dann zu kritisieren, dass Green Culture ideologiebeladen sei. Angeprangert wurde von ihr ferner die Kürzung bei der Kulturförderung der Vertriebenen sowie die Sperrung von Mitteln für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

In einem kurzen parlamentarischen Schlagabtausch zwischen Audretsch und Radomski wegen der Sperrung der 6 Millionen Euro  für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz wurden die unterschiedlichen Ansätze im Umgang mit Erinnerung an das kolonialen Erbe deutlich.

Luise Amtsberg, MdB (Bündnis 90/Die Grünen) verdeutlichte, dass die Demokratie von freier Kunst lebt. Sie hob hervor, dass es um die Förderung der Vielfalt der Kultur geht und den Kulturbegriff zu weiten. Als Beispiel, bei dem dies gelang, nannte sie die Popkulturförderung.

Helge Lindh, MdB (SPD) setzte den Akzent auf das Recht und den Anspruch auf kulturelle Teilhabe sowie die bessere soziale Absicherung im Kulturbereich.

Christiane Schenderlein, MdB (CDU/CSU) forderte mehr Planbarkeit für den Neustart in der Kultur und die Entbürokratisierung des Sonderfonds Kulturveranstaltungen. Sie kritisierte, dass immer noch kein Beauftragter für die Kultur- und Kreativwirtschaft benannt wurde, obwohl die Branche dies dringend angemahnt hatte. Auch sie ging auf die Kürzung im Etat der Vertriebenenkultur ein und nahm sich das Programm Globaler Süden vor, dass, so Schenderlein, noch nicht konkretisiert wurde und dem Kürzungen bei den Mittlerorganisationen und den Auslandschulen gegenüberstehen. Dies passe nicht zusammen. Gleichfalls bestehe eine erhebliche Lücke zwischen guten Vorhaben zur Kulturpolitik im Koalitionsvertrag und dem Ideenstatus der Vorhaben bei der Kulturstaatsministerin.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte zur heutigen Kulturdebatte im Deutschen Bundestag: „Der Ton in der Debatte um den Kulturhaushalt des Bundes für das laufende Jahr war deutlich rauer als in den Vorjahren. Die Diskussion wurde kontroverser geführt, das zeigt, dass Kulturpolitik nicht l’ art pour l’art ist, sondern dass es um sehr viel geht. Ein gemeinsames Anliegen von Regierungs- und Oppositionsfraktionen ist die Verbesserung der sozialen Lage im Kulturbereich und die Stärkung der Kultur- und Kreativwirtschaft. Deutliche Unterschiede sind bei der Erinnerungskultur, im Umgang mit dem kolonialen Erbe und der Nachhaltigkeit im Kulturbereich zu erkennen. Die AfD hat auf ihre eigene Weise, die in weiten Strecken eher an Comedy denn an ernsthafte kulturpolitische Auseinandersetzung erinnerte, die Kulturpolitik der Bundesregierung kritisiert. Für Die Linke hat bei der Aussprache zum Kulturhaushalt niemand das Wort ergriffen. Mit Spannung kann nun die Debatte zum Kulturhaushalt im 2023 erwartet werden, die in Kürze beginnt und im September den nächsten kulturpolitischen Schlagabtausch erwarten lässt. Es ist zu hoffen, dass bis dahin die ersten Projekte von Kulturstaatsministerin Roth an den Start gebracht wurden.“

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