Durch Klimawandel und Globalisierung neu auftretende Infektionskrankheiten sowie Antibiotikaresistenzen stellen eine Bedrohung für die weltweite Gesundheit dar. Einen Schutz vor Infektionen könnten kommensale Mikroorganismen bieten, die den gesunden menschlichen Darm besiedeln. Wie diese Darmmikrobiota dazu genutzt werden könnte, um Krankheiten abzuwehren, will Alexander Westermann in seinem Projekt „GUT-CHECK“ herausfinden. Der Gruppenleiter am HIRI, einem Joint Venture des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und der Julius-Maximilians-Universität (JMU) in Würzburg, erhält dafür einen Starting Grant in Höhe von 1,5 Millionen Euro vom Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC).
Große Freude in Würzburg und Braunschweig
„Bereits zum zweiten Mal in diesem noch jungen Jahr wird einem unserer Wissenschaftler diese fantastische Förderung zuteil“, sagt Jörg Vogel, Geschäftsführender Direktor des HIRI. „Das spricht für die hohe Qualität unserer Forschung und für deren gesellschaftliche Bedeutung. Ich freue mich sehr darüber, dass Alexander Westermann einen ERC Starting Grant erhält.“
„Die ERC Grants gehören zu den bedeutendsten und angesehensten Auszeichnungen in der Wissenschaft“, ergänzt Dirk Heinz, Wissenschaftlicher Geschäftsführer am HZI. „Wir gratulieren Alexander Westermann ganz herzlich zu diesem großen Erfolg.“
Darmmikrobiota versus Infektionen
Der menschliche Darmtrakt bietet eine attraktive Umgebung für nützliche, aber auch für krankheitserregende Bakterien. Die nützlichen Bakterien helfen dabei, Nahrung zu verdauen, und bieten darüber hinaus zahlreiche gesundheitliche Vorteile. Krankheitserreger hingegen nutzen den Darm als Angriffspunkt für eine Infektion. Beide beeinflussen sowohl sich gegenseitig, als auch ihren Wirt, den Menschen. Mit seinem vom ERC geförderten Projekt „GUT-CHECK“ will Westermann, Leiter der HIRI-Forschungsgruppe „Wirt-Pathogen-Mikrobiota-Interaktionen“ und JMU-Juniorprofessor, nun dazu beitragen, diese Dreiecksbeziehung besser zu verstehen.
Er konzentriert sich dabei auf Bakterien der Gattung Bacteroides. „Gemeinsam mit meinem Team will ich RNA-basierte Regulationen des Stoffwechsels von Bacteroides thetaiotaomicron, eines zentralen Vertreters der Darmmikrobiota, erforschen. Dieses Bakterium schützt seinen Wirt zwar gegen Darminfektionen, gleichzeitig generiert es jedoch durch seinen Stoffwechsel Zwischenprodukte, die sich pathogene Bakterien zunutze machen können“, sagt Westermann. „Das Forschungsprojekt soll zu einem besseren Verständnis der Wechselwirkung zwischen Wirt, Mikrobiota und Erreger beitragen. Auf Grundlage dessen könnten neuartige RNA-basierte Behandlungen von gastrointestinalen Infektionen entwickelt werden“, stellt der HIRI-Forscher in Aussicht.
Alexander Westermann ist bereits der vierte Arbeitsgruppenleiter am HIRI, den der Europäische Forschungsrat mit einem ERC Grant ausstattet. Im Jahr 2020 startete Chase Beisel sein durch einen ERC Consolidator Grant finanziertes Projekt „CRISPR Combo“. Neva Caliskan begann 2021 mit der Arbeit am Forschungsvorhaben „T-FRAME“, das mit einem ERC Starting Grant gefördert wird. Anfang 2022 erhielt Mathias Munschauer einen ERC Starting Grant für sein Projekt „COVIDecode“.
Über Alexander Westermann
Alexander Westermann hat Molekulare Biowissenschaften an der Universität Heidelberg studiert. Seine Promotion absolvierte er im Labor von Jörg Vogel am Institut für Molekulare Infektionsbiologie (IMIB) in Würzburg. Forschungsaufenthalte in den Laboren von Andreas Bäumler (Universität von Kalifornien, Davis, USA) und David Holden (Imperial College London, Großbritannien) folgten in den Jahren 2017 und 2018. Seit März 2018 ist Alexander Westermann Juniorprofessor am IMIB und leitet die Gruppe „Wirt-Pathogen-Mikrobiota-Interaktionen“ am HIRI.
Die ERC Starting Grants
ERC Starting Grants sind Förderinstrumente des Europäischen Forschungsrats (European Research Council), die junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen dabei unterstützen, den Karrieresprung zu unabhängigen und selbständigen Spitzenforschern zu machen. Bei Antragsstellung dürfen höchstens sieben Jahre seit dem Erlangen des Doktorgrades vergangen sein, ausdrücklich einziges Bewertungskriterium ist die wissenschaftliche Exzellenz der Forschenden und des vorgeschlagenen Projektes. Die erfolgreichen Projekte werden bis zu fünf Jahre mit einer Gesamtsumme von bis zu 1,5 Millionen Euro gefördert.
Der Europäische Forschungsrat
Der Europäische Forschungsrat, der 2007 von der Europäischen Union eingerichtet wurde, ist die erste europäische Förderorganisation für exzellente Pionierforschung. Jedes Jahr wählt und finanziert er die besten und kreativsten Forschenden jeder Nationalität und jeden Alters aus, um Projekte mit Sitz in Europa durchzuführen. Der ERC bietet vier Kernförderprogramme an: Starting, Consolidator, Advanced und Synergy Grants. Mit seinem zusätzlichen Proof-of-Concept-Grant-Programm hilft der ERC den Grant-Stipendiaten, die Lücke zwischen ihrer Pionierforschung und den frühen Phasen ihrer Vermarktung zu schließen.
Das Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung:
Das Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) wurde im Mai 2017 als gemeinsame Einrichtung des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) gegründet. Mit Sitz auf dem Campus des Würzburger Uniklinikums widmet sich das HIRI als weltweit erstes Institut seiner Art der Rolle von Ribonukleinsäuren (RNAs) in Infektionsprozessen. Auf Basis dieser Erkenntnisse werden in einem integrativen Forschungsansatz neue Therapieansätze entwickelt und diese durch Entwicklung pharmazeutischer Anwendungsformen klinisch anwendbar gemacht. www.helmholtz-hiri.de
Am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) untersuchen Wissenschaftler die Mechanismen von Infektionen und ihrer Abwehr. Was Bakterien oder Viren zu Krankheitserregern macht: Das zu verstehen soll den Schlüssel zur Entwicklung neuer Medikamente und Impfstoffe liefern. Das HZI ist Mitglied im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF).Weitere Informationen: www.helmholtz-hzi.de
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung GmbH
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