Literatur aus Albanien nach dem Ende des Hoxha-Regimes

Über Jahrzehnte war Albanien durch eine stalinistische Diktatur vom Rest der Welt isoliert, mehr als 10.000 Menschen fanden den Tod, keine Familie, die nicht Opfer politischer Verfolgung, Lagerhaft und Denunziation zu beklagen hatte. 1945 war der erste atheistische Staat als Volksrepublik Albanien gegründet worden. Im Februar 1991 stürzte eine aufgebrachte Menschenmenge auf dem Hauptplatz von Tirana die überlebensgroßen Statuen von Stalin und Enver Hoxha. Kurz danach fanden erstmals freie Wahlen statt. Nach dem Sturz des kommunistischen Regimes kam es zu politischen Auseinandersetzungen, zu einem Wandel und einem Aufholprozess in Politik und Kultur, wie ihn nur wenige Länder in Europa erlebt haben. 30 Jahre nach dem Ende der Isolation präsentiert sich Albanien nun gemeinsam mit den anderen Ländern aus Südosteuropa auf dem „Common Ground“ als Schwerpunktregion der Leipziger Buchmesse 2020-2022. Und so blicken in diesem Jahr nicht nur Historiker:innen auf die finsteren Jahre in der Geschichte dieses südosteuropäischen Landes und seine Entwicklung bis heute zurück, sondern auch Autorinnen und Autoren, die von dieser Zeit geprägt wurden.

Luljeta Lleshanakus Gedichte erzählen Geschichte

Eine von ihnen ist die albanische Lyrikerin Luljeta Lleshanaku, eine der prägendsten Stimmen der neuen Lyrik Südosteuropas. Sie war in der Zeit der kommunistischen Diktatur starken Repressionen ausgesetzt und konnte erst nach dem Sturz Enver Hoxhas an der Universität studieren. Heute leitet Lleshanaku das Institut für die Aufarbeitung des kommunistischen Genozids in Tirana und ist als Übersetzerin tätig. In ihrem Buch Die Stadt der Äpfel  erzählt sie mit ihren Gedichten Geschichte. Mit großer Unmittelbarkeit und Melancholie gibt sie Einblick in das geschundene Land, egal ob sie zu ihrer Kindheit in der dörflichen Heimat zurückkehrt, einer Zeit der heimlichen Gebete und heimlich gelesenen Bücher; oder ob ihr in der Anonymität von Transitflughäfen die unwiderrufliche Spaltung zwischen Geist und Körper bewusst wird, weil in der zu schnellen Zeit der „Körper keine Nostalgie spürt“.

2010 erschien ihr Gedichtband Kinder der Natur  als Teil der gemeinsam mit dem literarischen Netzwerk TRADUKI in der Edition Korrespondenzen herausgegebenen Reihe tradukita poezio, junge Poesie aus Südosteuropa.

NEUERSCHEINUNG:
Luljeta Lleshanaku: Die Stadt der Äpfel
Hanser Verlag, 27. September  2021,  übersetzt von Andrea Grill

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Arian Leka über Illusionen und Propaganda im kommunistischen Albanien

Auch der 1966 geborene Arian Leka ist geprägt vom Ende des Regimes. Der in zahlreiche Sprachen übersetzte und mit Preisen im In- und Ausland ausgezeichnete Autor und Literaturwissenschaftler erlebte den Zerfall als Jugendlicher. Sehr anschaulich stellt er die Gesellschaft Albaniens in den letzten 50 Jahren in seinem Buch Enver und sein Paradies – Illusionen und Propaganda im kommunistischen Albanien dar. Die hier versammelten Essays reflektieren auch die Welt-Sicht der heutigen Albaner zu verschiedenen aktuellen Ereignissen der europäischen Geschichte.

Arian Leka: Enver und sein Paradies – Illusionen und Propaganda im kommunistischen Albanien
Anthea Verlag, 2020,  übersetzt von Loreta Schillock

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Albania’s 90s: Erzählungen von unbekannten Alltagswelten

Die turbulenten Jahre des Übergangs von der kommunistischen Diktatur zu Demokratie und Marktwirtschaft thematisiert das Buch Albania´s 90s. Die Erzählungen und Reflexionen albanischer und internationaler Autor:innen geben Einblicke in unbekannte Alltagswelten zwischen ökonomischem Verfall, Massenmigration und vorübergehendem Zusammenbruch der staatlichen Ordnung  und führen in entlegene und bis dahin kaum besuchte Regionen im nördlichen und südlichen Hochland. Der Albanologe Robert Pichler, der in den 1990er Jahren in Albanien gelebt hat, präsentiert im Buch seine außergewöhnlichen analogen Fotografien aus unterschiedlichen Regionen des Landes.

Robert Pichler/ Edit Pula: Albania´s 90s
bahoe books, 2020, Englisch/Albanisch

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Elvira Dones über Mafia, Gewalt und Selbstermächtigung

Dass Literatur aus Albanien hierzulande auf großes Interesse stößt, das erfuhr der Schweizer Ink press Verlag eindrucksvoll: Nur wenige Monate, nachdem im Dezember 2020 Elvira Dones‘ Roman Verbrannte Sonne erschienen war, musste der Verlag bereits eine Neuauflage in Auftrag geben. Das Buch handelt von der albanischen Mafia, vom skrupellosen Kampf um Geld, von der grausamen Ausbeutung der Frauen, der grenzenlosen Gewalt, dem Aussterben jedes ethischen Handelns und von kleinen Inseln der Liebe und Selbstermächtigung. Auch die Autorin hat ihre ganz eigene Albanien-Geschichte: Elvira Dones wurde in Albanien geboren, wo sie aufwuchs, studierte und arbeite. 1988 kehrte sie von einer Dienstreise in die Schweiz nicht mehr nach Albanien zurück. In ihrer Heimat wurde sie in Abwesenheit wegen Landesverrates zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, der Kontakt zu ihrem Kind wurde ihr bis zum Zusammenbruch des kommunistischen Regimes 1992 verweigert. Seit 2015 lebt sie im Tessin.

Elvira Dones: Verbrannte Sonne
Ink press Verlag, 2020,
übersetzt von Florian Kienzle

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Ebenfalls von ihr erschienen
Kleiner sauberer Krieg, Ink press, 2018, übersetzt von Adrian Giacomelli
Hana, Ink press, 2016, übersetzt von Adrian Giacomelli

Reise durch ein unbekanntes Land mit dem DuMont Reiseführer

Wer das unbekannte Land nicht nur historisch oder literarisch erkunden will, der findet in dem Reiseführer Unterwegs in Albanien. Meine Reise durch ein unbekanntes Land wertvolle Tipps und Hintergrundinfos etwa zu den hohen Bergen, langen Küsten und antiken Ausgrabungen. Journalistin Franziska Tschinderle zeichnet in ihren persönlichen Reportagen ein spannendes Bild von einem Land im Aufbruch, bereist das Land und spricht mit Minenarbeitern und Studenten, mit Chefköchen und Umweltschützern, paddelt auf Wildflüssen und stöbert in Geheimdienstarchiven.

Franziska Tschinderle: Unterwegs in Albanien. Meine Reise durch ein unbekanntes Land
DuMont Reiseverlag, 2020

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Mehr Hintergründe beim Gespräch zu Leipzig liest extra

Auch bei dem diesjährigen Programm, das der „Common Ground“ als Schwerpunktregion der Leipziger Buchmesse 2020-2022 Ende Mai zum Lesefest „Leipzig liest extra“ präsentiert hat, rückt Albanien in den Fokus. So erläutert Adrian Leka in der spannenden Gesprächsrunde „Das Jahr 1991 und seine Folgen für Albanien, Jugoslawien und für die Sowjetunion“ etwa, was aus seiner Sicht von der Euphorie nach der Ablösung des Kommunismus in Albanien geblieben ist. Der Mitschnitt der Dikussion ist auf YouTube zu sehen.

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