Was sollten Mitarbeiter grundsätzlich über die Teilnahme an betrieblichen Weihnachtsfeiern wissen?
Marvin Böhnhardt: Grundsätzlich ist eine offizielle Firmenfeier für alle Beschäftigten gedacht, unabhängig von Position, Beschäftigungsart oder Vertragsstatus. Also auch beispielsweise für Auszubildende, Minijobber oder Praktikanten. Vor allem, wenn betriebsöffentlich eingeladen wurde, gilt der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz. Sogar einvernehmlich freigestellte Angestellte können übrigens Anspruch auf Teilnahme haben (Arbeitsgericht Köln, Az.: 8 Ca 5233/16).
Oft sorgt Alkohol für heikle Situationen. Kann das rechtliche Folgen haben?
Marvin Böhnhardt: Der Klassiker unter den Fallen ist tatsächlich übermäßiger Alkoholkonsum. Auch wenn Drinks üblicherweise dazugehören, sollten Beschäftigte sehr maßvoll sein. Wer betrunken beleidigt, provoziert oder Grenzen überschreitet, riskiert eine Abmahnung oder sogar die Entlassung. Und dabei ist es dann egal, wie viel er getrunken hat. Die Ausrede, betrunken gewesen zu sein, zählt nicht. Existiert im Unternehmen eine Null-Promille-Regel, gilt sie grundsätzlich auch während der Feier.
Und was ist, wenn die Kollegen nach dem offiziellen Teil weiterfeiern?
Marvin Böhnhardt: Dann endet der Schutzbereich des Arbeitgebers. Weiterzufeiern ist zwar erlaubt, aber ausschließlich privat. Problematisch wird es, wenn dafür Firmenräume genutzt werden. In einem konkreten Fall waren zwei Mitarbeiter nach der Feier in die Weinkellerei Ihres Arbeitgebers zurückgekehrt und haben dort weitergetrunken. Dabei haben hinterließen sie allerdings einige Spuren, wie z. B. Erbrochenes und eine verschmutzte Wand. Beide Mitarbeiter wurden fristlos entlassen (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Az.: 3 Sa 284/23).
Wie sieht es mit Übergriffen oder zweideutigen Bemerkungen aus?
Marvin Böhnhardt: Sexuelle Belästigung ist kein Partyspaß und weder zu Weihnachten noch sonst tolerierbar. Zweideutige Sprüche oder körperliche Annäherungen können eine fristlose Kündigung nach sich ziehen und unter Umständen strafrechtliche Folgen haben. Schon eine grobe verbale Entgleisung während einer Weihnachtsfeier kann ein ausreichender Grund für die sofortige Kündigung ohne vorherige Abmahnung sein (Arbeitsgericht Elmshorn, Az.: 3 Ca 1501 e/22).
Dürfen Kollegen auf der Weihnachtsfeier einfach fotografiert werden?
Marvin Böhnhardt: Nein. Fotos berühren das Persönlichkeitsrecht. Bilder oder Videos dürfen nur mit Zustimmung der abgebildeten Personen gemacht und schon gar nicht ohne Erlaubnis veröffentlicht werden. Das gilt übrigens nicht nur für die Weihnachtsfeier, sondern grundsätzlich. Unternehmen sollten klare Regeln kommunizieren, damit es hinterher nicht zum Streit kommt.
Und wenn ein Unfall passiert? Wer haftet in dem Fall?
Marvin Böhnhardt: Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung greift nur, wenn es sich um eine offizielle Firmenveranstaltung handelt, die der gesamten Belegschaft oder einer ganzen Abteilung offensteht. Das umfasst auch die Wege zur Feier und deren Vorbereitung. Verlässt jedoch die Unternehmensleitung die Veranstaltung, kann dies das Ende des offiziellen Teils markieren und damit auch das Ende des Versicherungsschutzes. Sind nur noch Chef und ein einzelner Mitarbeiter anwesend, kann das Treffen ebenfalls als privat gelten. Externe Gäste sind grundsätzlich nicht gesetzlich unfallversichert.
Ist die Teilnahme an einer Firmen-Weihnachtsfeier verpflichtend?
Marvin Böhnhardt: Nein. Weihnachtsfeiern sind freiwillig. Wer nicht teilnehmen möchte, arbeitet stattdessen oder nimmt Urlaub. Ist Arbeiten objektiv nicht möglich, z. B. weil für die Tätigkeit Kollegen fehlen oder Räume nicht zur Verfügung stehen, darf man mit Zustimmung des Vorgesetzten nach Hause gehen, ohne Minusstunden zu riskieren. Aber es muss klar kommuniziert werden; heimlich, still und leise durch die Hintertür zu verschwinden, ist tabu.
Wie wird die Zeit angerechnet, die man auf der Weihnachtsfeier verbringt?
Marvin Böhnhardt: Findet die Feier während der regulären Arbeitszeit statt, gilt sie als Arbeitszeit und muss vergütet werden. Liegt sie dagegen in der Freizeit, entsteht kein Anspruch auf Bezahlung. Beginnt sie während der Arbeitszeit und endet später, wird nur der Teil innerhalb der normalen Arbeitszeit vergütet.
Kann man sich eigentlich krankmelden, wenn man am Tag danach einen Kater hat?
Marvin Böhnhardt: Das kann arbeitsrechtlich echt heikel werden. Kann man eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt vorweisen, muss der Arbeitgeber die natürlich akzeptieren. Auf Gehalt für die Dauer der Krankschreibung darf man dann allerdings nicht unbedingt hoffen. Denn für einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung muss die Arbeitsunfähigkeit unverschuldet sein. Und wenn der Arbeitgeber am Vorabend natürlich persönlich mitbekommen hat, dass das nicht der Fall war, kann er durchaus die Gehaltsfortzahlung verweigern.
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