Bachs Weihnachtsoratorium in Friedensau und Erfurt

Unter der Leitung von Kantor Wilfried Scheel (Erfurt) musizierten der Landeschor der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in der Region Berlin-Mitteldeutschland (Berlin-Mitteldeutschen Vereinigung – BMV), ein Projektorchester sowie die Solisten Julia Sophie Wagner (Sopran), Marie Henriette Reinhold (Alt), Tobias Hunger (Tenor) und Daniel Blumenschein (Bass). Nachstehend ein Bericht von Konzertbesucher Michael Götz:

Ein musikalisches Großereignis

Ein musikalisches Ereignis dieser Dimension in der Friedensauer Kapelle stattfinden zu lassen, darf durchaus als herausfordernd beschrieben werden. Die räumliche Begrenztheit der vollbesetzten Kapelle mit ihrer geringen Nachhallzeit und einer sich rasch verbrauchenden Luft verlangte allen Beteiligten eine Menge ab. Diese Aufgabe bewältigten die Akteure jedoch mit Bravour.

Der gewaltige Chor aus 120 Sängerinnen und Sängern war bestens vorbereitet und musizierte gleichermaßen gekonnt und mit erkennbarer Freude und Lust. Was da verkündigt wurde, kam aus vollem Herzen und voller Kehle: „Wir singen dir in deinem Heer aus aller Kraft Lob, Preis und Ehr, dass du, o lang gewünschter Gast, dich nunmehr eingestellt hast.“ Das diesem „Heer“ gegenüber klein besetzte Orchester gab dem Gesang mit transparentem und ausgewogenem Klang sowie mit rhythmischer Genauigkeit eine fundierte, sichere und gestalterisch überzeugende musikalische Begleitung. Die Solisten agierten auf hohem künstlerischen Niveau und boten mit dem Tenor Tobias Hunger einen in bestechender intonatorischer Klarheit rezitierenden Evangelisten auf.

Einmal mehr war dieses musikalische Großereignis des Landeschores buchstäblich auch ein Familientreffen. Da standen Mütter neben ihren Töchtern, Söhne sangen mit ihren Vätern, Großeltern mit den Enkelkindern. Alle gemeinsam ließen sie die gemeinschaftsstiftende Kraft geistlicher Musik sicht- und hörbar werden. Zugleich kündete dieser Chor in seiner generationsübergreifenden Zusammensetzung von Kontinuität und Qualität kirchenmusikalischer Nachwuchsarbeit, an der Kantor Wilfried Scheel mit seinem langjährigen Wirken als Kirchenmusiker der adventistischen Freikirche maßgeblich Anteil hat. Vor diesem Hintergrund war es eine besondere Freude mitzuerleben, dass er mit seinem voraussichtlich letzten großen Chorprojekt seiner Amtszeit die Früchte dieser vierzigjährigen Arbeit genießen und in gewohnt souveräner und gleichfalls zugewandter Art dieses wunderbare Werk mit „seinem“ Chor aufführen durfte. Wer dabei war, hat sich die Botschaft von Weihnachten tief ins Herz singen und spielen lassen können: „Jauchzet, frohlocktet, auf, preiset die Tage, rühmet, was heute der Höchste getan! Lasset das Zagen, verbannet die Klage, stimmet voll Jauchzen und Fröhlichkeit an!“

Einen Tag später, am ersten Adventssonntag, fand eine weitere Aufführung dieses Werkes in nahezu identischer Besetzung statt, diesmal in der Thomaskirche von Erfurt.

Über das Weihnachtsoratorium

Das Weihnachtsoratorium – angelegt in insgesamt sechs Kantaten – erzählt die Geschichte von Christi Geburt; es vermittelt Hoffnung und Freude, Wärme und Licht. Als es 1734 entstand, war Johann Sebastian Bach Thomaskantor und Stadtmusikdirektor in Leipzig. Uraufgeführt wurde der Kantatenzyklus 1 bis 3 zu Weihnachten 1734 in den Leipziger Kirchen St. Nikolai und St. Thomas.

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