„Gut gemeint, aber schlecht umgesetzt!“

2003 wurde unter der Federführung des Schul- und Sozialsenators Rudolf Lange das Finanzierungssystem der Kindertagesbetreuung „Kita-Gutschein“ neu eingeführt. Die Stadt entledigte sich der Bedarfsplanung für die Errichtung von Kitas und überließ es den „freien“ Kräften der Wirtschaft und der neu geschaffenen „Nachfrage-Macht“ der Eltern, dort, wo Eltern ihren Bedarf nach Kindertagesbetreuung formulierten, eine Kita entstehen zu lassen bzw. neue, zusätzliche Kitaplätze einzurichten. Die Stadt Hamburg beschränkte sich darauf, auf Seiten der Kitaplatzanbieter die Einhaltung bestimmter räumlicher Bedingungen zu überwachen und auf Seiten der Eltern die angemeldeten Bedarfe an Kindertagesbetreuung generell, und den damit verbundenen zeitlichen Betreuungsaufwand individuell zu überprüfen.

Das System der pädagogischen „Stundenhotels“ war geboren. Die Eltern erhielten je nach Bedarf, der sich aus der beruflichen Tätigkeit und damit verbundener häuslicher Abwesenheit ergab, einen 4-, 6-, 8-, 10- oder 12-Stundenschein für die tägliche institutionelle Betreuung ihres Kindes. Kinder, deren Eltern bzw. Elternteile zu Hause waren, fielen in der Regel aus diesem System heraus. Erst mit Einführung des Rechtsanspruchs auf eine 5-stündige Betreuung erhielten alle Kinder unabhängig vom beruflichen Status ihrer Eltern das Recht eine Kita ihrer Wahl zu besuchen.

Aus finanzieller Sicht war es für die Kitaplatzanbieter allerdings lukrativer, höherwertige Gutscheine (mehr Stunden umfassende Gutscheine) von den Eltern zu erhalten. In den Stadtteilen mit hoher Erwerbsquote hatten Eltern, die demnach nur eine 5-Stunden-Bewilligung erhielten, große Schwierigkeiten ihr Kind mit gleichaltrigen Kindern zusammen betreuen zu lassen.

Die von den Trägern abzurechnenden Kosten unterteilen sich in drei Kategorien: Ca. 70 % pädagogisches und Leitungs-Personal, ca. 20 % Sachkosten und ca. 10 % Gebäudeentgelt. Kritisiert hat die GEW schon 2003, dass die Gehälter der Kolleg*innen aus der Küche und der Hauswirtschaft in das Sachkostenbudget einbezogen und nicht als Personalkostenpunkt für „nicht pädagogisches“ Personal einzeln ausgewiesen wurden. Ob genügend Personal für Küche und Hauswirtschaft eingestellt wurde ist nicht nachzuprüfen, da keine behördlichen Vorgaben darüber existieren.

Die auskömmliche Finanzierung wird dem Träger dadurch erschwert, dass eine tarifliche Bezahlung des pädagogischen Personals unterschiedlich hoch ausfällt, da mit zunehmender Berufserfahrung das Tarifgehalt steigt. Die dem Gutschein hinterlegten Personalwochenstunden sind aber mit einem Wert ausgestattet, der nicht in jeder Konstellation der Personalzusammensetzung die Kosten der Gehälter deckt.

Das Hamburger System erlaubt es privaten Trägern durch Ausnutzung der Spielräume, die der Landesrahmenvertrag den Trägern bietet, aus der kommunalen und gesetzlichen Aufgabe der Kindertagesbetreuung ganz legal Kapital zu generieren und Gewinne abzuschöpfen, die nicht mehr in die Kindertagesbetreuung zurückfließen.

„Wir fordern einen Rechtsanspruch für jedes Kindes auf institutionelle Kindertagesbetreuung unabhängig vom beruflichen Status der Eltern, der sich einzig und allein nach den Bedürfnissen des Kindes richtet. Wir fordern eine generelle Grundausstattung der Kitas mit Personalwochenstunden, die es verhindert, zwangsweise in Teilzeit arbeiten zu müssen“, so Jens Kastner, Kitaexperte der GEW Hamburg.

„Wir fordern die Rückkehr zu einer zentralen Steuerung durch die Stadt Hamburg. Wir fordern die Erstattung/Finanzierung von Tarifgehältern nur an die Träger, die nach Tarif bezahlen, und wir fordern eine festgelegte nachzuweisende und überprüfbare Ausstattung vom nicht-pädagogisch tätigen Personal für die Kitas, das ebenfalls nach geltendem Tarifvertrag entlohnt wird“, ergänzt Sabine Lafrenz, Kita-Expertin der GEW Hamburg.

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