MARIO SCHIFANO. When I remember

Breaking News:
Kathmandu Nepal
Donnerstag, Okt. 16, 2025
Mario Schifano begann seine künstlerische Karriere um das Jahr 1960 in Rom. Er zählte zur Scuola di Piazza del Popolo, einer losen Gruppe von Künstler:innen, die sich regelmäßig im Caffè Rosati auf der Piazza del Popolo trafen. Ihre Werke verbanden Elemente der amerikanischen Pop-Art mit italienischer Kultur und politischer Reflexion. Sie griffen Themen wie Konsum, Werbung, Medienbilder und urbane Landschaften auf – oft mit ironischem oder kritischem Unterton. Schifano hielt die Schriftzüge von Coca-Cola und Esso auf der Leinwand fest, wie auch die damals fertiggestellte „Autostrada del sole“ (A1). Tutta propaganda ist ein Werktitel aus dem Jahr 1963. Schifano experimentierte mit vielfältigen Materialien wie Packpapier, Lack und Acrylglas, um die Grenzen zwischen Kunst und Alltag zu verwischen.
In Schifanos Werken finden sich biografische und zeitgeschichtliche Bezüge: der Vietnamkrieg, Begegnungen mit Rockstars der „wilden 1960er Jahre“ und Berühmtheiten der New Yorker Kunstszene wie Andy Warhol, Frank Kline und Frank O‘Hara. Sein umtriebiges Leben fand sich oft als Schlagzeile in Zeitungen: Drogen, Gefängnisstrafen, seine Liebesbeziehung mit Marianne Faithfull und Lebenskrisen. Schifanos Œuvre erzählt jedoch nicht nur von Erlebnissen und Erinnerungen, es ist vielmehr eine Geschichte über Erfolg und Scheitern, über Leidenschaften und innere Zerrissenheit sowie über die Auseinandersetzung mit Kunst und dem künstlerischen Dasein.
Ausgangspunkt der Ausstellung war das Gemälde When I remember Giacomo Balla, New York City, das sich in der Sammlung Schaufler befindet. Es entstand 1964, als Schifano sich in New York aufhielt und von den Eindrücken der schnelllebigen Metropole beeindruckt war. Um diese Dynamik auf die Malerei zu übertragen, bezog sich Schifano künstlerisch wie auch im Titel auf Giacomo Balla, einen Maler des italienischen Futurismus. Die Arbeit wurde zusammen mit zwei weiteren Werken Schifanos noch im gleichen Jahr auf der Biennale in Venedig gezeigt. Dem Gemälde entlehnt ist auch der Untertitel der Retrospektive im SCHAUWERK: „When I remember“ – eine Erinnerung an Leben und Werk eines faszinierenden Künstlers.
Ein besonderer Fokus der Ausstellung liegt auf dem Thema der medialen Welt. Für den Fernseher – eine zur damaligen Zeit neue technische Errungenschaft – , entwickelte Schifano eine fast obsessive Faszination. So fing er für die Paessagi TV (1969/70) mit der Fotokamera Ausschnitte des ausgestrahlten Fernsehbilds ein und überführte die Aufnahmen wieder in Malerei. Diese künstlerische Übersetzung von einem Medium in ein anderes ist ein elementares Motiv bei Schifano. Früh drehte er auch selbst experimentelle Filme wie Umano non umano (1969) mit Mick Jagger und Keith Richards von den Rolling Stones. Die Gegenüberstellung des Films mit den in Malerei überführten Standbildern ist ein Höhepunkt der Ausstellung, ebenso wie die aus 520 übermalten Fotografien bestehende Arbeit Untitled, die 1993 für die Biennale von Venedig entstand. Die Fotos zeigen Momentaufnahmen aus den Jahren 1980 bis 1990 – ein Jahrzehnt, betrachtet durch den Fernseher, kommentiert und festgehalten mit Pinsel, Bleistift oder Filzstift.
Ab den 1980er-Jahren entstanden hauptsächlich großformatige Werke mit expressiven und offenen Gesten, die Bezüge zur Transavanguardia nahelegen. Erneut griff Schifano das Thema der Landschaft auf und setzte sich beispielsweise im Werk Aquatico (1983) mit Claude Monets berühmtem Seerosenzyklus auseinander.
Viele Werke Schifanos verfügen über eine sozialkritische oder politische Ebene. Er beschäftigte sich beispielsweise mit dem Vietnamkrieg und den Hoffnungen und Zielen der 68er-Generation, später mit dem Zweiten Golfkrieg.
Im SCHAUWERK wird auch die Verbindung des Künstlers zur Musik, zu Bands und Sänger:innen thematisiert. Besucher:innen lernen im Eingangsbereich der Präsentation bei einer Musikstation Songs der Band „Le stelle di Mario Schifano“ und den Schifano gewidmeten Hit „Monkey Man“ der Rolling Stones kennen. Wer ein Handy mit Kopfhörern und einen Spotify-Account hat, kann beim Gang durch die Ausstellung oder im Anschluss eine von dem Stuttgarter DJ und Popkulturexperte Andreas Vogel kuratierte Playlist hören, die den musikalischen Kosmos rund um Mario Schifano mit vergangenen und gegenwärtigen Bezügen frei interpretiert.
Die Retrospektive entsteht in enger Zusammenarbeit mit der Fondazione Marconi (Mailand) und mit Unterstützung des Archivio Mario Schifano (Rom).
Eröffnung:
Sonntag, 19. Oktober, 11:30 Uhr · Eintritt frei!
THE SCHAUFLER FOUNDATION SCHAUWERK Sindelfingen
Eschenbrünnlestraße 15
71065 Sindelfingen
Telefon: +49 (7031) 93249-00
Telefax: +49 (7031) 93249-20
http://www.schauwerk-sindelfingen.de