„Ich möchte nicht noch mal einen Krieg miterleben.“

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Donnerstag, Mai 8, 2025
Schulzeit in Frankfurt/Oder und Rückkehr nach Berlin
„1942 wurden Berliner Schüler*innen evakuiert und ich ging eine Weile lang nach Frankfurt/Oder in die Schule. Samstags kam ich zurück nach Berlin zu meiner Familie. Als immer mehr Menschen aus dem Osten flohen und diese auch in Frankfurt/Oder untergebracht werden mussten, endete meine Schulzeit dort.“
Bombenangriffe und Zerstörung
„Ich wuchs in der Leibnizstraße in der Nähe des Kurfürstendamms auf. Bei den Bombenangriffen wurde die komplette Fassade des Hinterhauses weggerissen. Wie bei einem Längsschnitt durch das Haus, konnte man in die Wohnungen sehen, jedoch nicht hineingehen, weil die Treppen zerstört waren. Die Häuser am gesamten Ku’Damm waren von den Bomben zerstört worden.“
„Wenn die Sirenen beim Bombenalarm heulten, griffen wir schnell Wertsachen, warme Kleidung und wichtige Papiere und gingen in den (Luftschutz)-Keller. Weil mein Vater handwerklich erfahren war und sich mit Holz auskannte, stützte er den Keller zusätzlich ab. Anfangs gab es noch Voralarm mit einem Warnsignal, später gab es nur noch die richtigen Alarme – ohne die Vorwarnung. Die Zeit war zu aufregend, an Details oder besondere Eindrücke kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich hatte noch meine Mutter und meinen Vater – das war für mich sehr wichtig, aber keinesfalls selbstverständlich. Es half dabei, die schlimme Zeit besser auszuhalten.“
Erlebnisse beim Kriegsende und eine Ohrfeige
„Als meine Eltern vom Kriegsende erfuhren, nahmen mein Vater und ich den Handwagen und versuchten, uns mit Lebensmitteln zu bevorraten. Beim Einmarsch der Russen versteckten die Mütter die jungen Mädchen hinter sich. Mir nahmen die Russen ein Armband ab, ließen mich aber unversehrt. Ich erinnere mich an einen russischen Offizier, der Deutsch konnte und ein 12-jähriges Mädchen vor der Vergewaltigung gerettet hat.“
„Damals habe ich meine letzte Ohrfeige von meiner Mutter bekommen. Ich tanzte zusammen mit meiner Freundin zur Musik vom Plattenspieler. Meine Mutter dachte, wir hätten russische Soldaten angelockt. In der Zeit nach Kriegsende fuhr ich mit meiner Familie mit der S-Bahn raus aufs Land, um Kartoffeln zu bekommen – mit gefüllten Rücksäcken kamen wir zurück.“
Neuanfang nach dem Krieg
Vor dem Krieg hatte Käti eine Lehre als Filmherstellerin begonnen – dieser Industriezweig war in Berlin vollständig zerstört worden. Daher suchte sie nach einer neuen Beschäftigung. Was sollte man in der Zeit lernen? Für welche Arbeit bekam man Geld?
Sie erledigte Auftragsarbeiten, schrieb lange Listen und verdiente damit Geld.
1947 lernte Käti Grabowsky ihren späteren Mann kennen. Die beiden heirateten 1950 und bauten gemeinsam mit einem Freund einen Süßwarengroßhandel auf – in der ersten Zeit lieferten sie die bestellten Waren mit öffentlichen Verkehrsmitteln und zu Fuß aus, bis sie sich ein motorisiertes Dreirad anschaffen konnten. Später arbeitete Frau Grabowsky bis zu ihrer Pensionierung bei der Kaufhauskette Hertie in der Wilmersdorfer Straße in der Süßwarenabteilung.
Der Wunsch nach Frieden und das Erlebte
„Als junge Menschen waren wir durch den Krieg viel ernster. Im Vergleich dazu fällt mir heute bei manchen jungen Leuten auf, dass sie vor allem Spaß haben wollen, unverbindlicher sein und möglichst wenig Verantwortung übernehmen. Ich möchte nicht noch mal einen Krieg miterleben – zumal ein heutiger Krieg ja viel schlimmer wäre. Das wünsche ich niemandem.“
Während Käti Grabowsky in Berlin den Neuanfang wagte, erlebte ein elfjähriger Junge in Thüringen auf ganz eigene Weise das Ende des Krieges. Im nächsten Beitrag schildert Fritz Mardorf seine Erinnerungen an Würstchen im Luftschutzkeller, die Geräusche von Pferdefuhrwerken – und an einen Moment, der sich für ihn wie Frieden anfühlte.
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