Buchrezension: Walter Isaacson: Einstein. Die Biografie

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Buchrezension
Walter Isaacson: Einstein. Die Biografie

Verlag C.Bertelsmann, München
832 Seiten
Gebunden: 34,00 Euro
E-Book: 6,99 Euro

ISBN-10: 3570104834
ISBN-13: 978-3570104835

E = mc² ist die berühmteste Gleichung der Physik und stellt die Beziehung von Energie und Masse dar. Der Erfinder dieser Gleichung ist Albert Einstein – der berühmteste theoretische Physiker der Geschichte.

Obwohl in den vergangenen Jahren bereits viel über Einstein geschrieben wurde, wagt sich Walter Isaacson mit der Veröffentlichung seiner neuen Biografie an eine Neuinterpretation, jetzt, da die Archive vollständig geöffnet wurden. Der renommierte US-amerikanische Journalist und Schriftsteller beschreibt das Leben des Weltwissenschaftlers detailliert, von der Person bis zur Forschung. Dabei wird Altbekanntes vertieft und Neues miteinbezogen – heraus kommt ein ausgewogenes Porträt eines bedeutenden Ausnahmetalents.

Einsteins Forschung bewegte sich in den weiten Zwischenräumen von Physik, Philosophie und Mathematik. Seine wissenschaftliche Spannweite reichte vom unendlich Kleinen bis hin zum Kosmos. Er erfand die Relativitätstheorie und war Mitbegründer der Quantentheorie. Heute lassen sich viele technologische Errungenschaften auf seine Theorien zurückführen, darunter Photozellen und Laser, Kernkraft und Raumfahrt, Halbleiter und Faseroptik.

Isaacson bezeichnet die Relativitätstheorie als „eine der schönsten naturwissenschaftlichen Ideen überhaupt“ (S. 21) und als die Krönung von Einsteins Schaffen. Einstein ging davon aus, dass die Gravitation eine Krümmung von Raum und Zeit sei. Auf dieser Annahme basierend entwickelte er Gleichungen, die die Dynamik der Wechselwirkungen von Materie, Bewegung und Energie beschreiben. Die Vorstellungskraft, die für solch komplexe Operationen erforderlich ist, zeichnet sein Genie aus. Seine Theorien waren dabei des Öfteren ein wenig geheimnisvoll, zuweilen kontraintuitiv, doch immer faszinierend.

Einstein als Wissenschaftler

Einstein lebte in einem Zeitalter der Prominenz. Trotz seines schlichten Auftretens wurde er als „wissenschaftliche Supernova“ (S. 23) und Ikone angesehen. Sein Gesicht wurde zu einem Symbol, sein Name zu einem Synonym für Genie. Zudem trug er sein graues, abstehendes Haar wie einen Heiligenschein. Er war bereit, mit klassischen Bindungen zu brechen. Er war freundlich, ein Immigrant, außergewöhnlich intelligent und kreativ. Trotz vieler beruflicher und familiärer Beziehungen galt er durchgängig als Einzelgänger und Individualist. Der zerstreute Wissenschaftler war jedoch auch leidenschaftlich, nonkonform und freiheitsliebend. Er konnte aufmüpfig und widerständig sein, rebellisch und distanziert. Einstein war ein Freigeist und glaubte sein ganzes Leben lang an die Harmonie in der Natur.

Er führte seine Experimente nicht in einem Labor durch, sondern in seinem Kopf in Form von Gedankenexperimenten. Nicht methodische Induktion auf Basis empirischer Untersuchungsdaten leitete ihn bei seiner Forschung, sondern seine Vorstellungskraft und Kreativität. Seine Ideen kamen plötzlich und intuitiv. Eine seiner ersten Erkenntnisse war, dass es die absolute Zeit und den absoluten Raum nicht geben könne. Damit widersprach er den damals vorherrschenden physikalischen Annahmen. Er galt Zeit seines Lebens als Revolutionär. Für ihn war Fantasie wichtiger als Wissen, und die Schönheit einer belastbaren Theorie erfüllte ihn mit Ehrfurcht.

Einstein kämpfte drei Jahrzehnte lang gegen die Quantenmechanik und kritisierte sie wegen ihrer Unvollkommenheit, während er selbst nach einer einheitlichen Feldtheorie suchte. Seine Relativitätstheorie traf auf eine Zeit des Umbruchs, in der scheinbare Gewissheiten zunehmend abgelehnt und der Glaube an das Absolute hinterfragt wurde. So ist es nicht verwunderlich, dass Einsteins wissenschaftliche Relativität mit einem moralischen Relativismus verknüpft wurde.  Damals standen nicht nur Zeit und Raum, sondern auch Wahrheit und Moral zur Debatte. So entstand eine Wechselwirkung zwischen seiner Theorie und der Moderne. Doch Einstein selbst war kein Relativist, sondern stets auf der Suche nach Gewissheiten und deterministischen Gesetzen.

Einsteins religiöser Glaube und politisches Engagement

Einstein war Jude, verzichtete jedoch zwanzig Jahre lang auf eine Religionszugehörigkeit. Seine einstige, als Kind leidenschaftliche Liebe zum Judentum wich in seiner Jugend einer kühlen Distanziertheit, da ihm seine Religion wertlos erschien. In den 1920er Jahren besann er sich jedoch auf seine jüdische Identität. Dennoch sagte er, es gäbe in ihm nichts, was sich als jüdischer Glaube beschreiben ließe. Er glaubte nicht an einen persönlichen Gott, sondern lediglich daran, dass sich in den Gesetzen des Universums ein göttlicher Plan ausdrücke. Einstein lehnte die Vorstellung von einem göttlichen Gericht und einem Leben nach dem Tod ab. Persönliches Gebet hielt er für nutzlos. Er beschied sich damit, in demütiger Bewunderung eines unendlich überlegenen Geistes zu leben, der sich in der gesetzmäßigen Harmonie alles Existierenden ausdrückt. Der Physiker bezeichnete sich selbst als Agnostiker.

Auch politisch war Einstein aktiv. Er bekannte sich zu sozialistischen Idealen und war zunächst radikaler Pazifist. Der Erste Weltkrieg brachte ihn dazu, diese politischen und gesellschaftlichen Ideale auch öffentlich und international zu bekennen. Er warb für einen europäischen Föderalismus. Er sah Deutschland als unreformierbar an und stellte sich auf die Seite der Alliierten. Nach dem Ersten Weltkrieg setzte sich Einstein für einen liberalen, antiautoritären und demokratischen Staat ein, der für Gleichheit, soziale Gerechtigkeit und die Eindämmung des Kapitalismus stand. Zentralistische Kontrolle war ihm zuwider, und er votierte stets für die persönliche Freiheit des Individuums. Dies machte ihn immun gegen die Dogmen des Bolschewismus und Kommunismus. Einstein war durch und durch Humanist und Demokrat.

Zum Punkt

Isaacsons Biografie ist ein gut recherchiertes und außerordentlich kluges Buch über einen außerordentlich klugen Menschen. Der Autor versteht es, die Ambivalenz von Einsteins Persönlichkeit darzustellen und bleibt dabei stets objektiv und gelegentlich humorvoll. Literarisch seziert er auf über 800 Seiten das Leben des Genies von der Kindheit bis zum Tod. Wissenschaftliche Details werden ebenso klar dargestellt wie pikante Details aus Einsteins Privatleben. Doch zwischen den Zeilen ist stets ein spürbarer Respekt zu lesen. Trotz des großen Umfangs und der Komplexität des Themas trifft die Lektüre durchgängig den richtigen Ton, vermittelt Einsichten und Überblicke und hilft dabei, sich eine eigene Meinung über das Genie Einstein zu bilden.

Deutlich wird, dass Einstein ein fehlbarer Mensch mit moralischen Schwächen und Unzulänglichkeiten war, die zuweilen einen komödienhaften Charakter annehmen konnten. Einsteins Biografie bewegt. Man erlebt seine großen Triumphe, aber auch sein herbes Scheitern mit. Die Tragik seiner erfolglosen lebenslangen Suche nach der einheitlichen Feldtheorie wirkt nach und regt dazu an, die eigenen Lebensziele kritisch zu hinterfragen. Wie wollen wir in dieser Welt leben, die eine große Spannweite vom unendlichen Kleinen bis hin zum ganzen Kosmos aufweist? Wie gehen wir mit der Schnittmenge von Physik und Metaphysik um? Wissenschaftlich belastbare Erkenntnisse müssen wir bei diesen Überlegungen zwar nicht produzieren, doch sollte das Ergebnis tragfähig sein.

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