Verborgene Schätze im Friedensauer Archiv

„Schätze in unscheinbaren Kisten – so kann man die Aufbewahrung von Archivgut in einem Archiv treffend beschreiben“, berichtet Bernd Müller, Ph.D., Leiter des Historischen Archivs der Siebenten-Tags-Adventisten in Europa mit Sitz in Friedensau bei Magdeburg, im vierteljährlichen Newsletter „Unser Friedensau“ 2/2024 der dort ansässigen Theologischen Hochschule. Aber in diesen Kisten und Schachteln könne sich mitunter Wertvolles verbergen.

Vor Müller steht eine dieser unscheinbaren Kisten. Mit einer Begleitkarte und knappem Text: „Tabea E. Matter und Alfred Matter (Bruder) arbeiteten im Kongo.“ In der Kiste findet er einen Lendenschurz der Massai aus gegerbter Rinde. Dazu viele Fotos, manchmal mit Notizen auf der Rückseite, ein Poesiealbum mit Einträgen aus Darmstadt und Neandertal bei Düsseldorf, noch mehr Fotos, Ausweise, Zeugnisse und erneut Fotos. Es sind die gesammelten Stücke, die das Leben von Tabea Matter in Bildern zusammenfassen; ein Leben, das unzweifelhaft von Afrika geprägt war.

Die Eltern begannen 1914 die Missionsarbeit in Kenia

Tabea Matter wird am 16. Januar 1919 in Kanyadoto (Kenia) geboren. Ihre Eltern, Alfred und Elizabeth Matter (geb. Nawrotzky), waren maßgeblich am Aufbau der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Ost-Afrika beteiligt. Die Eltern lernten sich, wie könnte es auch anders sein, auf einer adventistischen Schule kennen – und zwar in Friedensau. Sie heirateten 1914 und konnten noch vor Ausbruch des Weltkrieges die Missionsarbeit in Kenia beginnen. 1921 wechselten sie nach Ruanda und gründeten dort die Missionsstation Rwankeri in Ruhengeri. Sie arbeiteten weiter in Gitwe und Ngoma – alle Orte werden später zu Zentren adventistischer Arbeit und zu Stationen im Leben von Tabea. So ist auch deren Lebensweg gewissermaßen vorgezeichnet. Tabeas Bruder Alfred wählt ebenso den Weg des Missionars und beginnt sein Wirken im Herzen Afrikas, damals Belgisch-Kongo.

Eine ihrer Arbeits-Stationen: das Heri-Hospital Kigoma

Tabea zeigt in der Schule großen Einsatz und Fleiß, was in ihren Zeugnissen vermerkt wird. Sie schließt am 8. Juni 1937 den hauswirtschaftlichen Kurs ab und wird bereits 1941 als Missionarin an der Gitwe-Missionsstation in Ruanda eingesetzt. Ihr Leben widmet sie fortan der Mission. Sie arbeitet in Ngoma, dann in Ruhengeri (bis 1966). Schließlich arbeitet sie die Jahre von 1968 bis 1976 im Heri-Hospital Kigoma in Tansania.

Ihr Leben zeugt vom Bemühen, das Evangelium in die entlegensten Winkel dieser Erde zu tragen. „Gehet hin in alle Welt!“, so steht es auf einem Friedensauer Schulgebäude geschrieben. Familie Matter hat diesen Auftrag in ihrem Leben buchstäblich umgesetzt, so Bernd Müller.

Sequenzen ihrer Erlebnisse wurden veröffentlicht

Von ihren Erlebnissen berichtet 1976 Talitha Metschan (ein Pseudonym für Ruth Matter, Tabeas Schwägerin) in dem Buch „Licht und Schatten unter der Tropensonne“, in dem „Tante Tabea“ immer wieder vorkommt. 2006 schließlich verstirbt Tabea Matter im adventistischen Seniorenheim Oertlimatt in Krattigen im Schweizer Kanton Bern. Sie wurde von Herzen geliebt und ihr Einsatz für andere Menschen sehr geschätzt, berichtet Müller. Auch ihr Poesiealbum, das überliefert ist, gebe Zeugnis davon. Enthalten ist außerdem eine detaillierte Zeichnung der adventistischen Schule Marienhöhe in Darmstadt aus dem Jahr 1936 von Dornbach (einem Mitschüler?).

Solche Schätze zu heben sei laut dem Leiter des Archivs eine schöne Aufgabe. Er wünscht sich für die Zukunft des Archivs den Erhalt vieler weiterer solcher Schätze in Form von Schenkungen und Nachlässen.

Historisches Archiv der Siebenten-Tags-Adventisten

Die Einrichtung, die 1980 am Theologischen Seminar Marienhöhe in Darmstadt gegründet wurde, versteht sich als wissenschaftliches Zentralarchiv der Adventisten in Europa und befindet sich seit 1997 an der Theologischen Hochschule Friedensau, die in diesem Jahr ihr 125-jähriges Jubiläum feiert.

Weitere Informationen: https://www.thh-friedensau.de/forschung/theologie-christliches-sozialwesen/historisches-archiv/

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