Außer Spesen nichts gewesen

Zufall oder Provokation? Da übergibt die von der Ampelregierung eingesetzte „Kommission für Reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“ ausgerechnet während der der nur einmal jährlich von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und dem Rat der Evangelischen Kirchen in Deutschland (EKD) initiierten „Woche für das Leben“ gleich drei Bundesministern ihren Abschlussbericht und empfiehlt darin, vorgeburtliche Kindstötungen binnen der „Frühphase der Schwangerschaft“ zu „erlauben“.

Für Zufall und gegen Provokation spricht, dass DBK und EKD das Format, welches die beiden großen christlichen Konfessionen in diesem Jahr zum letzten Mal gemeinsam bestritten, schon länger nicht mehr an die ganz große Glocke hängen. Anders formuliert: Man kann in Deutschland aufmerksam am gesellschaftlichen Leben und sogar an dem vieler Gemeinden teilnehmen, ohne der „Woche für das Leben“ überhaupt gewahr zu werden. Traurig, aber wahr.

Die Ampel wird den Kommissionbericht in ihrem Giftschrank parken

Gegen Zufall und für Provokation spricht allerdings, dass es in Deutschland inzwischen eine gewisse Tradition hat, christlichen Positionen diametral Zuwiderlaufendes auch noch an für Christen bedeutsamen Terminen zu präsentieren. So verkündete etwa das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zu dem von ihm für „verfassungswidrig“ und „nichtig“ erklärten § 217 StBG, in dem es mittels einer juristischen Konstruktion, die nicht Wenige abenteuerlich nennen, ein „Recht auf selbstbestimmtes Sterben“ erfand, ausgerechnet am Aschermittwoch des Jahres 2020. Zwei Jahre darauf veröffentlichte der „Deutsche Juristinnenbund“ (djb) sein „Neues Regelungsmodell für den Schwangerschaftsabbruch“ „zufällig“ am 8. Dezember 2022, dem „Hochfest der Unbefleckten Empfängnis“. Jedem Festtag also, an dem Katholiken die Empfängnis der von der Erbsünde ausgenommenen Gottesmutter Maria im Leib ihrer Mutter Anna feiern. Und keineswegs, wie ungebildete Heiden weithin meinen, die Zeugung Jesu durch den Heiligen Geist im Leib der Jungfrau Maria. Nun, erneut zwei Jahre später, am 15. April 2024, übergibt die „Kommission für Reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“, von deren handverlesen Mitgliedern viele auch dem djb angehören, ihren Abschlussbericht ausgerechnet in der „Woche für das Leben“. Zwingend erforderlich kann dies nicht gewesen sein, zitierte doch das Magazin „Der Spiegel“ bereits eine komplette Woche vorher daraus.

Doch ob Zufall oder Provokation, ernsthaft Sorgen müssen sich Christen und Lebensrechtler bislang allenfalls um das Seelenheil der handverlesenen Kommissionsmitglieder machen. Denn wer die Übergabe ihres Berichtes an die Bundesminister für Gesundheit, Karl Lauterbach (SPD), Justiz, Marco Buschmann (FDP), sowie Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen), in den Hallen des Bundesministeriums für Gesundheit verfolgte, der weiß auch: Die Ampel wird den 625 Seiten umfassenden Kommissionsbericht genau dort parken, wo er auch hingehört: In ihrem Giftschrank.

Realpolitik versus Wortgirlanden

Zwar banden alle drei Minister den Kommissionsmitgliedern bei der Übergabe ihres Berichts kunstvolle Wortgirlanden. Nur standen diese erkennbar in völligem Widerspruch zu ihren nachfolgenden Einlassungen. Am deutlichsten wurde dies bei Bundesjustizminister Marco Buschmann. Der FDP-Politiker erklärte frank und frei, betont werden müsse auch, dass es sich um Fragen handele, „die bei vielen Beteiligten bis in den Bereich einer Gewissensentscheidung eindringen“. Insofern seien auch eine „besondere Sensibilität, was Inhalt und Verfahren angeht, sicherlich geboten“. „Denn was wir nicht gebrauchen können, das sind Debatten, die die Gesellschaft in Flammen setzen oder gar spalten.“ „In den USA, Polen aber auch in anderen Ländern“ habe man „gesehen, dass diese Fragen geeignet sind, eine Gesellschaft so zu spalten, dass das Ergebnis auch nicht unbedingt gesellschaftlicher Fortschritt ist, um es ganz vorsichtig zu beschreiben“, so Buschmann. Es gelte daher zu vermeiden, „dass diese Debatten die politische Mitte spalten und die politischen Ränder stärken“. Führende CDU- und CSU-Politiker hatten bereits nach den vom Spiegel zitierten Passagen des Berichts erklärt, sie würden eine Reform des § 218 Strafgesetzbuch vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe überprüfen lassen. Die Sollbruchstelle für die Spaltung der politischen Mitte ist also bereits markiert.

Vergangene Woche legte dann auch FDP-Parteichef Christian Lindner noch einmal nach. Im Vorfeld des FDP-Parteitags wies er im Interview mit dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ die Empfehlungen der Kommission zum Schwangerschaftsabbruch zurück. „Wir haben einen stabilen, funktionierenden gesellschaftlichen Konsens bei der Frage des legalen Schwangerschaftsabbruchs. Wenn man einen stabilen gesellschaftlichen Konsens hat, sollte man ihn nicht ohne Not aufgeben.“ Dieser Konsens habe über Jahrzehnte und unterschiedliche Mehrheiten hinweg Bestand gehabt. „Er wird auch noch mal so lange halten“, so Lindner.

Die FDP will ihr eigenes Grab nicht mitausheben

Natürlich vermag Lindners Zurückweisung der Empfehlungen der Kommission nicht, die Debatte um diese zu beenden. Und sie kann nicht einmal verhindern, dass die von Bundesfamilienministerin Paus angeführten Radikalfeministinnen in den Reihen von SPD und Grünen, keinen entsprechenden Gesetzesentwurf in den Bundestag einbringen werden. Von der Abtreibungslobby verfasste Entwürfe dazu gibt es längst. Sie müssen nur aus der Schublade geholt und mit einer Bundestagsdrucksachennummer versehen werden. Klar ist aber auch: Eine Reform des § 218 Strafgesetzbuch im Sinne einer Fristenregelung wird es nicht geben. Zumindest nicht in dieser Legislaturperiode. Denn Lindner und mit ihm die FDP sind zu der Überzeugung gelangt, dass eine Reform des § 218 StGB, die vorgeburtliche Kindstötungen binnen der ersten 12 Schwangerschaftswochen oder gar bis zur Lebensfähigkeit des Kindes außerhalb des Mutterleibes für „rechtmäßig“ erklärt, – auch das hält die Kommission für statthaft – weder den Frauen im Land noch seiner Partei nützt.

Mit Beidem liegt er völlig richtig. Die FDP mag derweil in der Regierung und damit an der Spitze der Macht sitzen. In Wirklichkeit kämpft sie bei den in diesem Jahr anstehenden Europa- und Landtagwahlen jedoch um ihr politisches Überleben. Zudem wird die Ampel, die im kommenden Jahr anstehende Bundestagswahl aller Voraussicht nach verlieren. Die Chaos-Truppe, in der die FDP noch die beste Figur macht, wird dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich empfindlich abgestraft werden. Da will die FDP jetzt nicht auch noch selbst die Ränder stärken und so ihr eigenes Grab mitausheben.

Aus die Paus

Hinzu kommt: Unter dem Strich brächte eine Reform des § 218 StGB den sich mit Gedanken an eine Abtreibung tragenden Frauen überhaupt keinen zählbaren Gewinn. Abtreibungen werden in Deutschland schon jetzt nicht bestraft. Weder Frauen, die abtreiben lassen, noch Ärzte, die gegen Honorar auf ihr Geheiß einen wehrlosen und unschuldigen Menschen im Mutterleib töten, werden hierzulande dafür zur Rechenschaft gezogen. Stellte sich der Gesetzgeber auf den an Radikalität schwer zu überbietenden Standpunkt der Kommission und erklärte vorgeburtliche Kindstötungen binnen welcher Frist auch immer für „rechtmäßig“, dann müsste auch die Pflicht zur Beratung entfallen. Sie könnte dann unmöglich länger Teil jenes ohnehin nicht sonderlich üppigen Schutzkonzeptes sein, mit welchem der Staat die ungewollt schwangere Frau für die Annahme des Kindes zu gewinnen sucht, wozu ihn nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts das Grundgesetz verpflichtet. Das aber würde den Erzeugern und dem übrigen Umfeld der Schwangeren es noch einfacher als bislang machen, Druck auf sie auszuüben, ihr und ihrem Kind jegliche Unterstützung zu versagen und so dessen Abtreibung gewissermaßen zu erzwingen.

Mehr noch: Sollte es, wie von der Kommission gewünscht, künftig ein einklagbares „Recht auf Abtreibung“ geben und dieses Bestandteil der ordentlichen Gesundheitsversorgung werden, dann müsste sich der Gesetzgeber auch mit der Forderung auseinandersetzen, anstelle der Hilfen für Mutter und Kind die vorhandene Infrastruktur für vorgeburtliche Kindstötungen weiter auszubauen. Die wird nämlich, obwohl es in Deutschland bereits jetzt mehr als doppelt so viele Abtreibungseinrichtungen gibt wie Geburtskliniken und trotz weiter steigender Abtreibungszahlen, von der Abtreibungslobby und den Radikalfeministinnen im Parlament als gänzlich unzureichend betrachtet. Drastisch formuliert: Sollen die Frauen ruhig die Kinder im Rettungswagen gebären, Hauptsache in jedem Dorf gibt es einen Abtreibungsarzt. Diesem morbiden Treiben will die FDP nun offensichtlich nicht länger die Hand reichen. Nicht, weil sie hier zu einer verspäteten ethischen Einsicht gelangt wäre, sondern weil sie ihr eigenes Überleben sichern will, was im politischen Betrieb meist wesentlich stärkere Kräfte mobilisiert. Konnte Bundesfamilienministerin Paus die Einsetzung der Kommission, die Bundesjustizminister Buschmann nur zu verzögern, nicht aber zu verhindern vermochte, noch als Erfolg verbuchen, so gilt denn nun: Aus die Paus. Da mögen die Mitglieder der Kommission noch so fleißig gewesen sein – 423 Seiten umfasst der Teil zur rechtlichen Neuregelung vorgeburtlicher Kindstötungen – unter dem Strich gilt auch für sie: Außer Spesen nichts gewesen.

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