Multimediales Dialogsystem kann Autonomes Fahren sicherer machen

Automatisiertes Fahren kann helfen, Unfälle zu vermeiden. In manchen Situationen ist es aber erforderlich, dass eine Fahrerin oder ein Fahrer die Fahrzeugkontrolle übernimmt. Neben technischen und ergonomischen Entwicklungen müssen für diese Fälle auch die versicherungsrechtlichen Fragen geklärt werden.

Forschende der Universität Stuttgart haben eine neue Assistenzfunktion für autonom fahrende Fahrzeuge entwickelt, mit dem die Übernahme der verantwortlichen Fahrzeugführung von der automatisierten Fahrfunktion zurück zum manuellen Steuern durch den menschlichen Fahrer sicher ablaufen kann. Das von Prof. Wolfram Remlinger am Institut für Konstruktionstechnik und technisches Design entwickelte System kommt beim sogenannten „Take Over Request (TOR)“ zum Einsatz. Mit „TOR“ wird die Situation bezeichnet, in der die Fahrzeugsteuerung vom autonom fahrenden Fahrzeug zurück an einen menschlichen Fahrer geht.

Die Funktion des so genannten „Situation Awareness Managers“ besteht darin, sowohl den Fahrer bei der sicheren Übernahme der Fahrzeugsteuerung hilfreich zu unterstützen, als auch den erfolgreichen Übernahmeprozess für Fahrer, Fahrzeughersteller und Behörden nachprüfbar zu dokumentieren. Das Assistenzsystem übermittelt vor der Übergabe alle Informationen, die für das Einschätzen der Situation erforderlich sind. Auch der Zeitaufwand oder -bedarf zum Beispiel für einen Wechsel der Fahrposition wird mit einberechnet. Mit der neuen Assistenzfunktion wird dann die Verantwortung vom Fahrzeug nur übertragen, wenn der menschliche Fahrer die Erkennungsabfragen ausreichend richtig beantworten kann. Die Informationen über die Verkehrssituation vom Fahrzeug an den Fahrer kann akustisch und zusätzlich auf einem Display erfolgen. Der Fahrer müsste dann beispielsweise Details über die Verkehrssituation auf dem Display bestätigen. Möglich wäre auch eine zusätzliche Überprüfung des Fahrers über eine Kamera.  Eine achtlose und routinemäßige Beantwortung wird bei diesem Test der „Situation Awareness“ verhindert.

Aus technischer Sicht ist das automatisierte Fahren nicht eine Frage des Ob, sondern nur des Wann. In den nächsten zehn Jahren wird der Anteil an automatisiert fahrenden Fahrzeugen deutlich zunehmen. Das Fahrerassistenzsystem eignet sich vor allem für automatisierte Fahrzeuge auf SAE Level 3 („Bedingte Automatisierung“) und Level 4 („Hochautomatisierung“). Erforderlich ist bei allen diesen Fahrzeugen die Funktion, dass ein Fahrer oder eine Fahrerin eingreifen kann oder muss. Dann wird die Verantwortung vom Fahrzeug zurück an diese Person übergeben („Take Over Request, TOR“).

Die zentralen Fragen für Fahrzeuge mit Level 3 und 4 werden sein, welche Aktivitäten einem Fahrer während der Fahrt erlaubt sind und welcher Ablenkungsgrad nicht mehr zulässig ist. Die Fahrzeugherstellen müssen die Fahrzeuge gegen missbräuchliches Fahren absichern und sind verantwortlich für die rechtzeitige und sichere Übergabe.

Das neu entwickelte Dialogsystem verfügt über eine Speichervorrichtung, ähnlich einer Blackbox. Dort werden die Sensordaten sowie alle übermittelten Informationen gespeichert. Durch diese Zusammenfassung der gespeicherten Informationen wird die Übergabeprozedur rechtlich verbindlich dokumentiert.  So kann bei einem Unfall nach einer Fahrerübernahme nachgewiesen werden, ob und in welchem Umfang der Fahrer sich das zuvor erforderliche Situationsbewusstsein angeeignet hat.

Die Erfindung wurde zum Patent angemeldet (DE 102021209251 anhängig /
EP 22191753.7 anhängig). Die Technologie-Lizenz-Büro (TLB) GmbH unterstützt die Wissenschaftler und Universität Stuttgart bei der Patentierung und Vermarktung der aktuellen Entwicklung. TLB ist mit der Verwertung dieser zukunftsweisenden Technologie beauftragt und bietet Herstellern Möglichkeiten der Lizenzierung oder der Kooperation. So ist eine Weiterentwicklung mit Projektpartnern am Institut gewünscht. Die Innovation eignet sich aber ebenfalls für die Entwicklung einer neuen Fahrzeugfunktion durch die herstellende Automobilindustrie.

Für weitere Informationen: Innovationsmanager Dr. Frank Schlotter (schlotter@tlb.de).

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