Migrationspolitik kann Folgen des demografischen Wandels nicht ausreichend kompensieren

Der zunehmende Fachkräftemangel heizt die politische Diskussion über Maßnahmen zur Anwerbung von Migrantinnen und Migranten an. Allerdings zeigt die Analyse der fiskalischen Effekte der Zuwanderung auf Basis der aktualisierten Generationenbilanzierung 2023, dass auch eine verstärkte Migration nicht ausreichen wird, um die Nachhaltigkeitslücke des Haushalts zu schließen. Angesichts der Bevölkerungsalterung ist eine grundlegende Neuausrichtung der Sozialpolitik dringend notwendig.

Zur Ermittlung der fiskalischen Bilanz der Einwanderung wurden für zukünftige Migrantinnen und Migranten die heutigen durchschnittlichen Pro-Kopf-Zahlungen der in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer verwendet (vgl. Abb. 1). „Die unterstellte Integrationsdauer von sechs Jahren führt in diesem Szenario zu geringeren Nettozahlungen der zukünftigen Migrantinnen und Migranten als die der einheimischen Bevölkerung“, betont Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, Vorstandsmitglied der Stiftung Marktwirtschaft. Dies führe zu einem deutlichen Anstieg der Nachhaltigkeitslücke von 447,8 auf 497,1 Prozent des BIP. In einem hypothetischen Szenario ohne künftige Migrationsströme läge die Nachhaltigkeitslücke dagegen mit 347,4 Prozent des BIP um 149,7 Prozentpunkte niedriger. „Auch die fiskalische Bilanz zukünftiger Zuwanderung ist somit negativ und beträgt bei den angenommenen 293.000 Zuwanderern pro Jahr knapp das Anderthalbfache der aktuellen jährlichen Wirtschaftsleistung“, so der Ökonom.

„Eine Option zur Verringerung der finanziellen Belastung durch Migration besteht in migrationspolitischen Maßnahmen, die auf eine Verbesserung der Qualifikationsstruktur zukünftiger Migrantinnen und Migranten abzielen“, stellt Raffelhüschen fest. Unter optimistischen Annahmen könnten diese so ausgewählt werden, dass die Hälfte von ihnen über eine Berufsausbildung oder einen Hochschulabschluss verfügt, was die Nachhaltigkeitslücke um 64 Prozentpunkte verringern würde.

Eine weitere Möglichkeit, die finanzielle Belastung durch Migration zu reduzieren, besteht in migrationspolitischen Maßnahmen, die zusätzliche Arbeitsmigration fördern. Gegenüber der Nettomigration von 293.000 Personen im Referenzszenario wird in diesem Szenario eine zusätzliche Zuwanderung von 109.000 Personen mit einer höheren Qualifikation in Form einer Berufsausbildung oder eines Hochschulabschlusses angenommen, wodurch sich die Nachhaltigkeitslücke um 39,5 Prozentpunkte verringern würde (vgl. Abb. 2).

Allerdings würde auch diese Kombination aus einer Erhöhung der Qualifikationsstruktur der Migrantinnen und Migranten um 50 Prozent sowie gezielten Anwerbemaßnahmen unter den Annahmen der vorliegenden Analyse insgesamt zu keiner positiven fiskalischen Bilanz der Migration führen. Zwar ergäbe sich ein positiver fiskalischer Effekt von 127,7 Prozent des BIP, insgesamt bliebe die fiskalische Bilanz der Migration jedoch bei -22,0 Prozent des BIP. „Somit zeigt sich, dass die negative fiskalische Bilanz der Zuwanderung insbesondere auf die ungesteuerte und irreguläre Migration zurückzuführen ist“, betont Raffelhüschen.

Die Analyse der betrachteten Migrationsszenarien zeigt, dass eine Erhöhung der Zuwanderung keinesfalls ausreicht, um die Nachhaltigkeitslücke zu schließen. Es verbleiben Nachhaltigkeitslücken zwischen 369,4 und 457,6 Prozent des BIP. „Die Migrationspolitik ist zwar für die fiskalische Nachhaltigkeit in Deutschland von großer Bedeutung, kann aber die Folgen des demografischen Wandels nicht ausreichend kompensieren“, warnt Raffelhüschen. Das liege vor allem daran, dass der deutsche Staatshaushalt insgesamt nicht nachhaltig aufgestellt sei, sondern seinen Bürgern mehr Leistungen verspreche, als sie über ihren Lebenszyklus finanzieren könnten. Selbst eine erfolgreiche Zuwanderungspolitik könne daher eine Anpassung der staatlichen Leistungen, insbesondere der altersspezifischen Sozialausgaben, nicht ersetzen: „Der Sozialstaat in seiner jetzigen Form ist auf Dauer weder für die in Deutschland lebende Bevölkerung noch für Zuwanderer bezahlbar“, resümiert Raffelhüschen.

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