Maschinentaufe am Kaditzer Abwassertunnel

An der Grimmstraße entsteht tief unter der Erde eine einen Kilometer lange Röhre. Durch die fließt künftig das Abwasser von Globalfoundries, Bosch, TSCM & Co.

Dresden. Gunda Röstel steht vor einer tiefen Baugrube neben der Kaditzer Grimmstraße – in der Hand eine Sektflasche. Mit einem kräftigen Schwung wirft sie die an eine große Tunnelbohrmaschine. Auf der gesamten, rund zwei Meter hohen Maschine stehen die Schriftzüge der Firmen, die am Bau beteiligt sind, und Gunda. Auf den Vornamen der Geschäftsführerin der Stadtentwässerung Dresden wird die Bohrmaschine getauft. Das ist beim Bau solcher Rohrtunnel Tradition. „Ich wünsche allen Bauleuten gutes Gelingen, keine Zwischenfälle und viel Glück“, sagt Gunda Röstel.

Die Spezialtiefbauer der Wilsdruffer Niederlassung der auf solche Projekte spezialisierten österreichischen Firma Braumann werden hier die zwei Meter hohen und vier Meter langen Stahlbetonrohre in den Untergrund schieben. Innen sind sie 1,6 Meter hoch. So wird ein Rohrtunnel entstehen, in dem dann die eigentliche Leitung aus Kunststoff verlegt wird. Mit einem Durchmesser von 1,2 Meter, wie auf der gesamten Strecke des Industriesammlers Nord. Der erste, 360 Meter lange Abschnitt führt bis zur Flutrinne und unter ihr hindurch. Das nächste Stück verläuft dann in die andere Richtung tief unter der Erde über 630 Meter bis zum Kaditzer Riegelplatz.

Das ist Teil des strategisch größten Projekts, das die Stadtentwässerung derzeit umsetzt. Seit Juli dieses Jahres baut sie den Industriesammlers Nord. Damit werden die Mikroelektronik-Betriebe im Dresdner Norden einen zehn Kilometer langen direkten großen Abwasser-Anschluss an die Kaditzer Kläranlage erhalten. Denn die Halbleiter-Industrie wächst rasant. 8,7 Millionen Kubikmeter leiten allein die Werke von Globalfoundries, Infineon, Bosch und X-Fab ins Dresdner Kanalnetz ein. Das entspricht 93 Prozent der Dresdner Industrie-Abwässer. Diese Abwassermenge aus der Chipindustrie entspricht der von 250.000 Einwohnern.

Seit diesem Jahr baut Infineon mit seinen bisher rund 3.200 Beschäftigten noch seinen Dresdner Standort an der Königsbrücker Straße kräftig aus. An der Südostecke entsteht bis 2026 ein Neubau für rund 1.000 zusätzliche Jobs. Jetzt will auch der taiwanesische Chiphersteller TSMC ein Werk im Rähnitzer Gewerbegebiet bauen, in dem 2.000 Jobs entstehen.

Mit dem rund 70 Millionen Euro teuren Großprojekt sollen das rechtselbische Kanalnetz entlastet und die Möglichkeiten für die weitere industrielle Entwicklung geschaffen werden. Künftig wird das Abwasser direkt von den Gewerbegebieten zur Kläranlage geleitet. Damit entsteht neben dem Altstädter und Neustädter ein dritter großer Abfangkanal in Dresden. Spätestens 2027 soll der neue Industriesammler fertig werden.

Derzeit wird auf zwei Baustellen gearbeitet.  Die erste ist kurz vor dem Klärwerk an der Scharfenberger Straße. Hier wird der Anschluss der neuen Röhre an den Hauptkanal zum Klärwerk hergestellt. Bis 2026 wird dann der Untergrund im Abschnitt durchs Klärwerk bis zur Flutrinne in offener Bauweise aufgebaggert, der einen Kilometer lang ist. So können die Kanalrohre verlegt werden. 

Auf der zweiten Baustelle sind die Braumann-Spezialtiefbauer sowie die Firmen Eurovia aus Dresden, Heinz Lange aus Ottendorf-Okrilla sowie TrappInfra Rohrbau aus dem brandenburgischen Welzow in einer Arbeitsgemeinschaft aktiv. Im geschlossenen Verfahren werden die Stahlbetonröhren mit Hydraulikpressen durch die Erde gedrückt. Das geschieht in einer Tiefe von acht Metern, erklärt Frank Schönstädt, der die Wilsdruffer Braumannn-Niederlassung leitet und auch Prokurist des Unternehmens ist. Der erste Abschnitt beginnt in einer Tiefe von acht Metern. Das gewaltige Kanalrohr muss drei Meter unter dem Grund der Flutrinne hindurchgepresst werden. Deshalb wird in so großer Tiefe begonnen.

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