Uns fehlt die Kultur!

Die Welt ist in Bewegung und vieles scheint nicht mehr im Lot. Krieg, nationalistische Vormärsche, politische Gewitter, Umweltkatastrophen … Die Nachrichten sind voll von Geschichten, die oft auf bösartigen, kriminellen, willentlich-egoistischen und selbstbereichernden Absichten beruhen. Es geht in vielen Fällen um Macht und endlosen Reichtum – während auf der anderen Seite Natur und Menschen leiden. Was fehlt, ist Einsicht und eine Besserung. Ist das der Effekt des vorschreitenden «Singularismus»? …

Scheint es nur oder häufen sich diese Zustände? Warum bewegen wir uns nicht aufeinander zu, sondern schlagen uns gegenseitig die Köpfe ein? Ist wieder mal der Turm zu Babel das Thema? Ich will dabei gar nicht religiös daherkommen, denn die Kirche ist auch nicht mehr, was sie mal war. Doch die biblische Erzählung von den Arbeitern, die plötzlich in verschiedenen Sprachen zu sprechen beginnen und sich gegenseitig nicht mehr verstehen, ist ziemlich sinnbildlich für das, was heute vorgeht. Ich würde es allerdings neu formulieren:

Wir, als Gesellschaften, haben unsere
«Kultur» und den Bezug dazu verloren.  

Und das hat Folgen.

Kultur ist das, was der Mensch erschafft oder erschaffen hat. Sicher, Künste sind ein Teil davon, doch es geht um viel mehr: Autos, Uhren, Schokolade, Möbel, Mobiltelefone und Computer, Züge, Unternehmen, Einkaufszentren, Freizeitparks, die gesamte Auslage beim nächsten Kiosk, Klamotten, Schreibzeug, … Eine endlose Liste von Dingen, die alle in die Kategorie «Kultur» fallen. Und all diese «Dinge» haben eines gemeinsam: Nur der Mensch kann damit sinnvoll was anfangen.

Nur: Tut er das auch? Die meisten «Kulturgüter» implodieren regelrecht. Die grossartigen Errungenschaften werden kaum noch «miteinander» eingesetzt, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Beispiel die Digitalisierung: Erst hatten wir im Büro einen grosse Desktop-Computer mit grandiosen Tools und Software, die uns den Alltag erleichterten. Ein Hilfsmittel, wie ein besserer Bleistift. Dann wollte man individuelle Mobilität und reduzierte diese Technik auf ein Minimum in einem Laptop. Viele Menschen brauchen aber nicht einmal das und ein gutes Smartphone ist deren Alltagsdigitalisierung genug. Und weil man damit kaum arbeiten oder Texte schreiben kann, werden nur noch Kurznachrichten getippt, Kurzkonzepte gedacht. Selbst das eigentliche Telefon reduziert sich langsam weg und die Telekommunikationsunternehmen (die sind ja nicht blöd) sparen sich die Mieten der terrestrischen Leitungen und optimieren sich gratis über die WiFi-Kanäle, die überall verfügbar sind. Autos werden zwar immer grösser, aber das verwendete Material immer schlechter. Alles «schrumpft» sich weg, wobei wir ein Paradoxon erleben: Die guten Dinge werfen wir weg und ersetzen sie mit billigerm Schrott. Im Gegenzug will man KI einsetzen, um all das zu tun, was man nicht mehr tun will. Und in der Hektik der Unternehmen, in dieser Schrumpfparade noch existieren zu können, werden immer mehr Produkte in einer Geschwindigkeit entworfen und auf den Markt gebracht, die nicht bedienbar, im Alltag nicht funktionell genug, Prototypencharakter aufweisen oder ganz einfach Bullshit sind. Oder Abfall. Spitz gesagt: In dieser gesellschaftlichen Demontage hat unser Müll mehr «Kultursinn» als die Menschen … Denn spätestens, wenn wir darüber debattieren, Künstliche Intelligenz einzusetzen, um mit Menschen zu interagieren, stirbt jeglicher Sinn von Menschen und damit die Kultur weg.

Die Jungen von heute produzieren (physisch) die Hälfte von dem, was frühere Generationen aufgebaut haben. Das ist nicht grundsätzlich schlecht, allerdings haben sich deren Definitionen von Arbeit und Lebensqualität so verändert, dass wir eine Generationen-Inkompatibilität vor uns haben, welche die Wirtschaft und eben auch Gesellschaft vor enorme Herausforderungen stellt. Es fehlen MitarbeiterInnen, fähige FabrikbauerInnen, es fehlt an der Konsumlust, es mangelt an Verantwortungsbewusstsein und vielem mehr. Für das bisschen Lohn-Geld lohnt sich der Aufwand nicht, wenn dessen Preis die Freiheit ist. Vereine – und die Schweiz ist auf Vereine gebaut – verlieren MitgliederInnen, weil niemand mehr «dazugehören» will. Die Anker sind gelichtet, die Botte driften leer davon. Selbst die Politik wird nur von wenigen «organisiert», meisten von überzeichneten Persönlichkeiten, die sich wichtiger nehmen als das Wohl der Gesellschaft und deswegen bei den schwächsten Mitglieder sparen wollen. NationalistInnen setzten sich gegen EinwahndererInnen ein – und verhindern damit den Nachschub in der Arbeitswelt. Umgekehrt wünschen sich einige NaturschützerInnen neue Atomkraftwerke, weil diese die wilde Natur-Landschaft nicht so verschandeln, wie Solarkraftwerke. Ziemliches Chaos, yeap! Meine Freiheit, meine Mobilität, meine Wahrheit, mein Ich-Ich. Wir reflektieren uns nicht mehr über andere Menschen, sondern nur noch im Spiegelbild unserer eigenen Selbstoptimierungsvorstellung. Das ist Singularismus.

Das gleiche geschieht übrigens, wenn man einem einsamen Wellensittich einen Spiegel in den Käfig hängt.

Ein Mensch allein hat keine «Kultur». Kultur wird nur dann zu Kultur, wenn eine Gemeinschaft die gleichen «Rituale» lebt oder eben miteinander Dinge tut. Allein, im Hochzeitskleid in die Wüste zu rennen macht keinen Sinn und wird rasch sinnlos. Ein Tisch ist nur dann ein Tisch, wenn mehrere ihn so nennen. Also selbst die Sprache macht nur in einer Gemeinschaft Sinn. Und doch tun wir momentan mit grösster Inbrunst und Kraft das Gegenteil von dem, was uns menschlich machen würde.

Wir alle haben das Steuer aber in der Hand. Alle können daran drehen. Und ich appelliere an die Wirtschaft, an Unternehmen, auch an die Politik, dass wir uns an unsere «Corporate Responsibility» erinnern und uns vermehrt wieder in den Dienst der Allgemeinheit stellen: Produkte produzieren, die wirklich gebraucht werden, Ideen, die nachhaltig Generationen verbinden, Firmenkulturen, welche Menschen glücklich machen und nicht unterdrücken, Dienste leisten in Form von Dienstleistungen, welche für eine gemeinsames Zusammenleben uns allen gut tun. Und so weiter … Es wäre – wirklich! – recht einfach, gemeinsam glücklich zu sein. Aber wir müssen es auch gemeinsam wollen.

Zeigen Sie, dass Sie ein Kulturbewusstsein haben! Es war noch nie so nötig, noch nie so einfach und perfekt wie jetzt. Später wird es irgendwann nicht mehr möglich sein. Wenn das Feuer die Balken durchgebrannt und gebrochen hat, die Panik um sich greift, dann gilt nur noch zu retten, was zu retten ist.

«Corporate Responsibility» – wir hatten das schon mal. Nehmen Sie diese Konzepte wieder aus der Schublade.

Und ganz nebenbei erwähne ich noch, dass wir als nationale Kulturzeitschrift genau der richtige Partner für Ihre Kultur-Kommunikation wären. Das heisst, solange Sie auch diese Verantwortung wahrnehmen, dass es uns ohne Anzeigen oder AbonnentInnen irgendwann auch nicht mehr geben wird. Wir Medienbetriebe machen viel Dienst im Zusammenhalt der Gesellschaften. Aber eben: Kulturmedien sterben – im Singularismus gibt es keine Medien mehr. Ist dies das Ziel wonach wir streben? Ich schlage also vor: Machen wir was daraus!

Hier unsere Medientarife – und rufen Sie uns an, schreiben Sie uns, damit wir gemeinsam darüber diskutieren können. Und nein: Wir sind nicht das Sprachrohr und der Gratiskanal für Ihre Public Relations-Arbeit. Daran gehen wir nur kaputt. Das ist weder unsere Funktion, noch das Ziel. Selbst der Strohm für den Scheinwerfen muss jemand bezahlen. Und dafür haben wir einen Preis.

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