Hautinfektionen: Unbekannte Erreger und neue Resistenzen

Infektiologische Dermatosen sind im klinischen Alltag häufig. Durch klimatische und geographische Veränderungen sowie eine ausgeprägte Reiseaktivität der Bevölkerung verbreiten sich Pathogene rascher. Bekannte Krankheitserreger kehren wieder, gänzlich neue für den Menschen gefährliche Erreger treten auf. Gleichzeitig werden Keime gegenüber den zur Behandlung geeigneten Antiinfektiva resistent. Wie der Wandel von Erregern und Resistenzen die Behandlung erschwert und was man dagegen tun kann, diskutieren Expertinnen und Experten der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft e. V. (DDG) auf der Pressekonferenz am 25. April 2023 zum Auftakt der 52. DDG-Tagung (26. bis 29. April 2023) in Berlin.

Infektionen durch Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten spielen in der Dermatologie eine wichtige Rolle. Behandelt werden sie unter anderem mit desinfizierenden und entzündungshemmenden Salben oder Umschläge. Wenn Bakterien die Ursache sind, verabreichen Dermatologinnen und Dermatologen Antibiotika und bei einigen Parasiten entsprechend gegen diese gerichtete Substanzen. Bei Pilzerkrankungen werden pilzhemmende Medikamente, auch Antimykotika genannt, und bei einigen viralen Erkrankungen antivirale Mittel eingesetzt. „In der näheren Zukunft werden uns Resistenzen gegen Antiinfektiva, sexuell-übertragbare Infektionen und aufkommende virale Infektionen stärker beschäftigen “, sagt Professor Dr. med. Mario Fabri aus der Arbeitsgemeinschaft für Dermatologische Infektiologie und Tropendermatologie der DDG. Der Experte vom Universitätsklinikum Köln sieht verschiedene Faktoren, die diese Entwicklung beeinflussen: Eine weltweit ausgeprägte Reiseaktivität, die Ausbreitung von Mücken, Zecken, Flöhen, Vögeln und anderen Lebewesen (auch Vektoren genannt), die für den Menschen gefährliche Krankheitserreger verbreiten und die Anpassung von Keimen auf die Therapie in Form von Resistenzen.

Von Vektoren werden beispielsweise Flaviviren, wie das Dengue-, Zika- und Westnilvirus, übertragen. Die von Mücken verbreiteten Viren sind auf allen Erdteilen vertreten, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Für Deutschland vermuten Expertinnen und Experten, dass einige dieser Erkrankungen endemisch werden könnten. „Zudem sollten wir mit neuen Virusinfektionen rechnen“, gibt Fabri zu bedenken. Es gibt laut Schätzungen mindestens 10.000 Viren, die aktuell stumm zirkulieren, aber die Fähigkeit besitzen, Menschen zu infizieren. „Angesichts der klimatischen und geographischen Veränderungen kann man davon ausgehen, dass es vermehrt zu einer Übertragung von Viren zwischen verschiedenen Spezies, auch ‚zoonotic spillover‘ genannt, kommt“, vermutet Fabri. Aktuelle Beispiele sind das SARS-CoV-2-Virus und Ausbrüche mit dem Ebolavirus. Gleichzeitig nehmen Resistenzen gegen Antiinfektiva zu. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht darin eine der Top-Ten-Gefahren der globalen Gesundheit.

Im klinischen Alltag hierzulande spielen multi-resistente Keime allerdings für die meisten dermatologischen Infektionen noch eine untergeordnete Rolle. Daten aus den USA zeigen jedoch, dass die Dermatologie bei Verordnungsmengen von Antiinfektiva im Vergleich zu anderen Fachrichtungen vorne liegt. „Es braucht ein Umdenken. Wir sollten in den großen Bereichen der

Haut- und Geschlechtskrankheiten, in denen sehr regelmäßig Antibiotika eingesetzt werden, die Verwendung genauer prüfen und die Antiinfektiva optimiert einsetzen“, fordert der Kölner Dermatologe.

Bei einfachen kutanen Infektionen wie Borkenflechte oder kleinen Abszessen sind, neben einer adäquaten Diagnostik, die Leitlinien-gerechte, zielgerichtete, schmale und in ihrer Dauer optimale Behandlung mit Antiinfektiva entscheidend. Chirurgische Eingriffe benötigen Konzepte für die Antibiotikagabe im Umfeld der Operation, die bei Risikoeingriffen auf eine gezielte, perioperative Einmalgabe setzen und auf prolongierte Antibiotikagaben verzichten, wenn es keine Zeichen einer Infektion gibt. Bei entzündlichen Dermatosen wie Akne inversa, Akne vulgaris, Rosazea, bullösem Pemphigoid etc. bieten alternative therapeutische Optionen ein Einsparungspotential. „An Bedeutung werden außerdem bei Infektionen alternative Behandlungsstrategien gewinnen, wie das Immunsystem-verbessernde, Wirt-gerichtete Therapien und passive Antikörpertherapien“, erklärt Fabri.

„Wie groß der Einfluss von Infektionskrankheiten auf unseren Alltag ist, haben wir in der Coronapandemie und den Zeiten der Lockdowns hautnah erlebt“, merkt Professor Dr. med. Michael Hertl, Präsident der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), an. „Die deutsche Dermatologie muss sich auf diese Dynamiken vorbereiten. Das heißt in Bezug auf die Resistenzbildung von Keimen, dass wir unsere Leitlinien-Empfehlungen rascher anpassen müssen und zugleich die Forschung zu Erregern und Resistenzen intensivieren sollten“, fasst der DDG-Präsident zusammen.

Literatur:

Fabri M, Georg Stary G. Infektionen der Dermatovenerologie. J Dtsch Dermatol Ges 2023; 21(4) Jubiläumsausgabe des JDDG: 4. doi/full/10.1111/ddg.15024_g
Fabri M. Kutane Infektionen durch Staphylokokken und Streptokokken. hautnah dermatologie. 2021;37(Suppl 1):34–42. German. doi: 10.1007/s15012-020-6595-3.

Über Deutsche Dermatologische Gesellschaft

Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) e. V. ist die wissenschaftliche Fachgesellschaft der deutschsprachigen Dermatologinnen und Dermatologen. Als eine gemeinnützige Organisation mit mehr als 4.000 Mitgliedern fördert sie Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der Dermatologie und ihrer Teilgebiete. Die DDG setzt sich für die Förderung der klinischen und praktischen Dermatologie, Allergologie und Venerologie sowie ihrer konservativen und operativen Teilgebiete ein. Mit der Durchführung von wissenschaftlichen Veranstaltungen und Kongressen engagiert sie sich in der Fort- und Weiterbildung, sie entwickelt Leitlinien und unterstützt Forschungsvorhaben durch Anschubfinanzierungen und Förderungen. Darüber hinaus vergibt die DDG zusammen mit der Deutschen Stiftung für Dermatologie Forschungsgelder und Stipendien an vielversprechende Nachwuchsmedizinstudierende und an namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

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