„Zinsdruck aus China !?“ – der aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar

Immer wieder wird in den Nachrichten von umfassenden Lockdowns in China berichtet, die ganze Millionenstädte lahmlegen. Dies hat unmittelbaren Einfluss auf deutsche und europäische Unternehmen, die nach China exportieren und vom traditionellen Einzelhandelsgeschäft abhängig sind. China ist Deutschlands wichtigster Handelspartner und ein enormer Wachstums- und Wohlstandstreiber, weshalb eine fallende Nachfrage aus China direkten Einfluss auf die deutsche und europäische Wirtschaft, sowie das Zinsumfeld hätte. Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars, wie abhängig die europäische Wirtschaft und damit die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) von China ist.

Zinsdruck aus China !?

Wirft man einen Blick auf den Anteil der chinesischen Exporte an den gesamten Ausfuhren, die an Länder außerhalb der Europäischen Union (EU) fließen, wird sichtbar, dass insbesondere Eurozonenländer wie Deutschland, Frankreich, Finnland oder Irland stark abhängig von China sind. Mit 16,5 Prozent führt aber Deutschland die Liste deutlich an. Sinnbildich hierfür steht sicherlich die Automobilindustrie, die mit 40 Prozent fast die Hälfte ihres Umsatzes im letzten Jahr auf dem chinesischen Markt machte. Für die gesamte EU beträgt der chinesischen Exportanteil 10,2 Prozent.

China ist jedoch nicht nur wichtiger Absatzmarkt für Europa, sondern auch relevanter Bezugsmarkt für europäische Länder. Tatsächlich importieren die meisten europäischen Länder mehr aus China, als dass sie nach China exportieren. Lediglich Deutschland, Irland und Finnland können eine positive Handelsbilanz aufweisen (Vgl. Abbildung 2). 22,4 Prozent aller EU-Importe stammen aus China.

Doch was genau hat China mit der Zinspolitik der EZB zu tun? Sollte die Nachfrage der Chinesen nach europäischen Gütern aus irgendwelchen Gründen einbrechen, würde für viele Unternehmen ein großer Umsatzanteil wegbrechen, was Wachstum und Arbeitsplätze kosten würde. Die EZB müsste in dem Fall gegensteuern und ein Umfeld schaffen, dass den chinesischen Konsum in irgendeiner Form kompensieren könnte. Das bedeutet also niedrigere Zinsen und gegebenenfalls eine Ausweitung der Anleihekaufprogramme, um heimischen Konsum anzukurbeln und europäischer Güter für andere Länder durch die Abwertung des Euros attraktiv zu machen.

China wird schon bald die USA als größte Volkswirtschaft der Welt ablösen, was die Relevanz Chinas unterstreicht. Die kürzlich verabschiedeten Lockdowns sind schlecht für das deutsche Geschäft in China. Sie schaffen Unsicherheiten und bremsen den Konsum. So ist beispielsweise der Umsatz von Adidas in China im dritten Quartal diesen Jahren um 27 Prozent ein eingebrochen. Es gibt bisher auch noch keine Anzeichen dafür, dass die chinesische Regierung in Erwägung zieht von der Null-Covid-Strategie abzusehen. Eine noch viel größere Gefahr geht jedoch von einer zunehmenden Zuspitzung der geopolitischen Spannungen zwischen China und dem Westen aus. Eskalieren die Spannungen weiter, könnte dies mit einem spürbaren Wohlstandsverlust einhergehen. Dies gilt jedoch nicht nur für den Westen und Europa, sondern auch für China. Wie sollte man also mit der Situation umgehen?

Zunächst wird sich Europa graduell von der Abhängigkeit Chinas lösen und neue Wachstumsmärkte entwickeln und erschließen, wie beispielsweise Indien. Darüber hinaus sollte Europa starke Importabhängigkeiten verringern, wie etwa in der Elektronik- oder Telekommunikationsindustrie. Sehen wir ein Zusammenbrechen der chinesischen Wirtschaft, wird diese Deutschland und Europa hart treffen und die EZB wird eingreifen müssen.

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