Glücksspiel-Abzocke: Gericht sieht Anspruch auf Rückerstattung von 12.000 Euro

Das war schon eine Sensation am 12. März 2021 am Landgericht Gießen: Das Gericht verurteilte den Anbieter eines Internet-Glücksspiels zur Rückzahlung von 12.000 Euro an einen Spieler. Er habe Anspruch auf die Rückerstattung seiner Verluste. Das Gericht unterstrich, dass der Casino-Betreiber mit seinem Angebot gegen den Glücksspielstaatsvertrag verstoßen habe. Online-Glücksspiel war in Deutschland bis auf wenige Ausnahmen bis zum 30. Juni 2021 verboten. Es war das erste verbraucherfreundliche Urteil in der Glücksspiel-Abzocke (Az.: 4 O 84/20). Weitere Gerichte und auch mittlerweile Oberlandesgerichte sind der Argumentation gefolgt. Die Chancen, erlittene Verluste vor Gericht wettzumachen, sind nach Ansicht der Verbraucherkanzlei Dr. Stoll & Sauer gestiegen. Die Kanzlei rät zur Beratung im kostenlosen Online-Check. Die Kanzlei gehört zu den führenden im Verbraucherschutz. Mehr Infos zur Casino-Abzocke gibt es auf der Kanzlei-Website.

Anbieter von Glücksspielen im Internet darf sich nicht bereichern

Wer im Online-Casino zockt und nicht außerordentliches Glück hat, der verliert in der Regel Geld. Meistens an Anbieter aus Niedrigsteuerländern mit laxen Glücksspielgesetzen. Aus Malta zum Beispiel, dem Casinoland Europas. Einem hessischen Spieler ist das Glück nicht hold gewesen. Er verzockte 12.000 Euro und wollte das Geld dann zurückhaben. Schließlich war Glücksspiel im Internet in Deutschland bis zum 30. Juni 2021 bis auf wenige Ausnahmen verboten. Und das Landgericht Gießen gab als erstes Gericht in Deutschland überhaupt einem Spieler Recht. Das Gericht verurteilte den Anbieter zur Rückzahlung von etwa 12.000 Euro an verlorenen Einsätzen. Der Betreiber der Seite gehört zur Firmengruppe Entain, die in Deutschland vor allem für ihre Sportwetten- und Casinomarke Bwin bekannt ist. Das Gericht stellte Folgendes in dem Urteil fest:

  • Der Kläger hat seine Spieleinsätze bei der Beklagten ohne rechtlichen Grund getätigt. Der Vertrag über das Online-Glücksspiel ist aus Sicht des Gerichts gemäß §4 Abs. 4 Glücksspielstaatsvertrag nichtig. Danach ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten.
  • Das Internetverbot gemäß Glücksspielstaatsvertrag ist für die Zeit, in der die hier gegenständlichen Einsätze getätigt wurden, geltendes Recht. Und das gilt auch für Hessen. Das Recht ist insbesondere weder durch Entscheidungen der Verwaltungsgerichte, noch des Bundesverfassungsgerichts, noch des EuGH außer Kraft gesetzt oder für nichtig erklärt worden.
  • Auch eine etwaige Duldung des Angebots der Beklagten durch das hessische Innenministerium setze das genannte Verbotsgesetz nicht außer Kraft und sei nicht erheblich.
  • Die Beklagte hat gegen die Verbotsnorm verstoßen, indem sie ihr Onlineangebot auch Spielteilnehmern aus Hessen und mithin auch dem Kläger zugänglich gemacht hat.
  • Die Rückforderung ist auch nicht gemäß § 817 Satz 2, 2. Hs. BGB ausgeschlossen. Zwar mag dem Kläger mit der Teilnahme an dem Angebot der Beklagten ebenfalls ein Verstoß gegen Gesetze anzulasten sein. Teleologisch ist die Anwendung dieser Kondiktionssperre jedoch einzuschränken. Ein Ausschluss der Rückforderung wäre zumindest in den Fällen nicht mit dem Zweck des Bereicherungsrechts vereinbar, wenn die Rechtswidrigkeit des Geschäfts auf Vorschriften beruht, die gerade den leistenden Teil schützen sollen. Heißt: Illegales Handeln durch die Anbieter darf nicht belohnt werden, geschützt wird der Verbraucher.
  • Und so sieht es auch das Gericht: Der Glücksspielstaatsvertrag dient vor allem dem Schutz der Spielteilnehmer vor suchtfördernden, ruinösen und/oder betrügerischen Erscheinungsformen des Glücksspiels.
  • Diese Intention des Verbotsgesetzes würde jedoch unterlaufen, wenn die Spieleinsätze, die ein Spieler tätigt, in zivilrechtlicher Hinsicht kondiktionsfest wären, also dem Anbieter des verbotenen Glücksspiels dauerhaft verblieben.

Mit dem Urteil am Landgericht Gießen begann die verbraucherfreundliche Rechtsprechung. Das Urteil ist sogar rechtskräftig, weil der Betreiber keine Berufung gegen das Urteil eingelegt hat. Mittlerweile hat sich die in Gießen begonnene Rechtsprechung bei der Aufarbeitung der Glücksspiel-Abzocke verfestigt. Auch steigt die Anzahl rechtskräftiger Urteile gegen Betreiber von Online-Casinos. Wegweisend war das Oberlandesgericht Frankfurt mit seinem Hinweisbeschluss vom 4. April 2022. Ein Online-Casino habe keinen Anspruch auf das Geld der Spieler, so das Gericht (Az.: 23 U 55/21). Da das Casino seine Berufung darauf hin zurückzog, ist diese Entscheidung auch rechtskräftig.

Dr. Stoll & Sauer rät bei Glücksspiel-Abzocke im Internet zur Klage

Die Chancen, verspieltes Geld wieder zurückzuholen, stehen für Verbraucher nach aktueller Rechtsprechung sehr gut. Für die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer ist die juristische Aufarbeitung der Online-Casino-Abzocke durch zahlreiche Urteile ein großes Stück weitergekommen. Hier nochmals die wichtigsten Fakten zur Glückspiel-Abzocke:

  • Das Angebot von Online-Glücksspielen in Deutschland war bis zum 30. Juni 2021 verboten. Nur auf dem Territorium von Schleswig-Holstein war es gestatten.
  • Die überwiegende Rechtsprechung geht davon aus, dass die illegal tätigen Glücksspiel-Anbieter kein Anrecht auf die Einzahlungen der Spieler haben und daher die Verlust vollumfänglich zurückzahlen müssen.
  • Das Anbieten von Glücksspielen im Internet war grundsätzlich verboten. Daher kann gegen alle Online-Casinos juristisch vorgegangen werden. Dazu gehören unter anderem: Tipico, Bwin, Winderino, Hyperino, Platincasino, Mr. Green, Interwetter, LeoVegas, Pokerstars, Casumo, Karamba, Sunmaker, Sunnyplayer, Partypoker, 888, Lottoland, Wildz, Lapalingo, MagicRed, Bet365, All Slots, Royal Slotz, Casino Clus, Caxino, Jackpotcity, Betsafe und weitere.
  • Es gab auch legale Glücksspiele wie Sportwetten. In Schleswig-Holstein waren sie erlaubt und natürlich im Ausland.
  • Für ein positives Urteil in der Glücksspiel-Abzocke ist es für Gerichte wichtig, dass der Spieler keine Ahnung von dem Verbot hatte.
  • Ab dem 1. Juli 2021 können Online-Glücksspiele in Deutschland angeboten werden – aber nur mit einer gültigen Lizenz. Nach Medienberichten sind nach wie vor viele Anbieter ohne gültige Lizenz unterwegs. Hier wird das Glücksspiel erneut illegal angeboten. Auch hier sind die Verträge zwischen Spieler und Anbieter nichtig. Verbraucher, die bei solchen Anbietern Verluste gemacht haben, haben beste Chancen ihr Geld wieder zurückzuholen.
  • Nach einem verbraucherfreundlichen Urteil zahlen die Casinos in der Regel die Verluste der Verbraucher zurück. Weigerte sich ein Anbieter, wird das Geld in letzter Konsequenz mit dem Gerichtsvollzieher eingetrieben. Hat der Betreiber des Casinos seinen Sitz innerhalb der EU, gelingt in den meisten Fällen zeitnah, die Verluste zurückzuholen. Daher rät die Kanzlei betroffenen Verbrauchern, sich anwaltlich beraten zu lassen. Im kostenfreien Online-Check lässt sich der richtige Weg gegen den Casino-Betreiber herausfinden. Bei Bedarf kontaktieren wir für Geschädigte auch einen Prozessfinanzierer, der Verbrauchern bei Klagen unter die Arme greift.
Über die Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Verbraucher- und Anlegerschutzrecht. Mit der Expertise von 40 Anwälten und Fachanwälten steht die Kanzlei in allen wichtigen Rechtsgebieten den Mandanten in den Standorten Lahr, Stuttgart, Kenzingen und Ettenheim zur Verfügung. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht sowie den Abgasskandal spezialisiert. Hinzu kommen die Themen Arbeits-, IT-, Versicherungs-, Reise- und Verwaltungsrecht. Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG, handelten für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Vergleich aus. Aktuell führen die Inhaber in einer Spezialgesellschaft die Musterfeststellungsklage gegen die Mercedes-Benz Group AG. Im JUVE Handbuch 2019/2020 wird die Kanzlei für ihre Kompetenz beim Management von Massenverfahren als marktprägend erwähnt.

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