Patientensicherheit statt Industrieinteresse bei HochrisikoMedizinprodukten

Die Skandale der vergangenen Jahre im Bereich der HochrisikoMedizinprodukte haben gezeigt, dass für eine sichere Versorgung der Patientinnen und Patienten höhere Anforderungen an die klinische Bewertung, die Zulassung und an die Marktüberwachung derartiger Produkte gestellt werden müssen. Deshalb wurde das Medizinprodukterecht in der EU im Jahr 2017 durch Beschluss einer neuen EU-Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation, MDR) gezielt verschärft, um die Patientensicherheit zu erhöhen. Damit die EUBehörden, die Benannten Stellen (vgl. Hinweis am Ende) und die herstellenden Unternehmen sich auf das neue EU-Recht vorbereiten können, wurden lange Übergangsfristen eingeräumt.

Die aktuellen Diskussionen über den Umgang mit möglichen Versorgungsproblemen bei Medizinprodukten aufgrund der neuen MDR verzerren die Sachlage. „Die EU-Medizinprodukteverordnung ist ein wichtiger Fortschritt, denn sie dient in erster Linie dem Schutz der Patientinnen und Patienten. Wenn aufgrund von Kapazitätsengpässen bei Benannten Stellen die Verfügbarkeit einzelner Produkte gefährdet sein sollte, dann muss dieses Problem gezielt gelöst werden, anstatt die Qualitätsstandards für alle Produkte generell über Bord zu werfen“, so Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes.

Offenbar versuchen die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und die Fachgesellschaften u. a. mit dem Beispiel der nicht mehr verfügbaren Ballonkatheter für die Versorgung herzkranker Neugeborener, die Öffentlichkeit gezielt in die Irre zu führen. Diese sind aufgrund von Sicherheitsmängeln vom Markt genommen worden und nicht wegen angeblich zu hoher Anforderungen der MDR.

Derzeit ist unklar, welches Ausmaß mögliche Versorgungsprobleme überhaupt annehmen könnten. „Wir begrüßen ausdrücklich die Position der EU-Kommission, dass vor einem Beschluss von Maßnahmen die eindeutige Identifizierung von möglichen echten Versorgungsproblemen stehen muss. Dazu gehört auch die Feststellung, welche Ursachen im konkreten Fall einer möglichen Marktrücknahme zugrunde liegen und welche Maßnahmen helfen könnten, versorgungsrelevanten Produkten ohne Kompromisse bei der Sicherheit einen Marktzugang zu ermöglichen. Eine bloße Verlängerung der Übergangsfristen, wie von der DKG gefordert, löst keine Probleme, sondern gefährdet die Patientensicherheit, anstatt sie zu stärken. Sie würde die herstellenden Unternehmen bestärken, die bereits 2017 angekündigte Vorgabe einfach auszusitzen und sich auch künftig nicht um die Erfüllung der Anforderungen zu bemühen. Sollten sich tatsächlich konkrete Probleme bei der Verfügbarkeit von Medizinprodukten abzeichnen, dann müssen dafür gezielt Lösungen gefunden werden. Der Anspruch der Versicherten auf eine medizinische Versorgung mit hohen Sicherheitsstandards steht für den GKV-Spitzenverband an erster Stelle“, so Dr. Pfeiffer.

Konkrete Probleme lösen – Patientensicherheit jetzt umsetzen

Statt in bloßen Aktionismus zu verfallen und damit die Schutzfunktion der EU-Verordnung für die Patientensicherheit noch weiter zu verschieben oder gar vollständig auszuhebeln, ist eine sachliche Situationsanalyse erforderlich. Die zuständige Koordinierungsgruppe Medizinprodukte bei der EU-Kommission hat am 8. Juli 2022 einen Positionspapierentwurf mit sinnvollen Maßnahmen zur Stellungnahme gegeben. Sofern sich reale Versorgungsprobleme abzeichnen, wie etwa aufgrund von Marktrücknahmen versorgungsrelevanter Medizinprodukte wegen fehlender Bewertungskapazitäten Benannter Stellen, sollten dafür angemessene Lösungen gesucht werden. Beispielsweise könnten Unternehmen, die nachweisen können, dass sie die Bewertung ihrer Produkte bei einer Benannten Stelle beantragt haben, für einen befristeten Zeitraum bis zum Vorliegen der abschließenden Bewertung dieser Benannten Stelle eine Ausnahmegenehmigung für die Weitervermarktung dieser Produkte erhalten. Kanada hat für ein ähnlich gelagertes Problem diesen Lösungsweg mit Erfolg beschritten.

Was sind Benannte Stellen?

Medizinprodukte werden nicht von einer Behörde zugelassen. Stattdessen müssen sich die herstellenden Unternehmen abhängig von der Risikoklasse ihrer Produkte von einer sogenannten Benannten Stelle bestimmte Zertifikate ausstellen lassen. Sie können diese Stellen europaweit frei wählen. Die Benannten Stellen sind ihrerseits Unternehmen (z. B. TÜV, DEKRA), welche von EUMitgliedsstaaten zu diesem Zweck benannt wurden. Sie bieten die notwendigen Zertifizierungsprozesse kommerziell an.

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