Waldzerstörung im Einkaufskorb

WWF-Entwaldungs-Scorecard für Unternehmen zeigt mangelnde Lieferkettentransparenz bei Risikorohstoffen​ zeigt mangelnde Lieferkettentransparnz bei Risikorohstoffen

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Ob Margarine, Schokolade, Steak, Brot, Creme oder Waschmittel – diese Alltagsprodukte tragen zur massiven Zerstörung von Wäldern und anderen Ökosystemen bei. Denn sie werden aus Agrarrohstoffen hergestellt, die die EU und Deutschland importieren und für die in anderen Erdteilen intakte Natur in Acker- und Weideflächen umgewandelt werden. Händler und Hersteller könnten das durch transparente und nachhaltige Lieferketten ausschließen. Doch eine stichprobenhafte Untersuchung des WWF unter 27 deutschen Unternehmen belegt Nachholbedarf bei den Zielsetzungen und große Schwächen bei der Umsetzung. "Die WWF-Entwaldungs-Scorecard zeigt: Freiwillige Selbstverpflichtungen stoppen die Kettensägen nicht. Ein EU-Gesetz zum Stopp der globalen Entwaldung muss daher sicherstellen, dass Rohstoffe und Produkte mit Naturzerstörungspotential von allen Marktteilnehmern bis zum Feld zurückverfolgt werden können. Sonst wird intakte Natur in Südamerika, Asien und Afrika weiterhin für unseren hiesigen Konsum umgewandelt“, erklärt Maja-Catrin Riecher, WWF-Expertin für nachhaltige Agrarrohstoffe.
 
Die Entwaldungs-Scorecard des WWF untersucht erstmalig parallel und anhand der Risikostoffe Palmöl, Soja, Kakao und Rind-Erzeugnisse, ob deutsche Unternehmen den Schutz vor Waldzerstörung in ihre Lieferketten integriert haben. Die untersuchten Rohstoffe zählen mit zu den Haupttreibern von globaler Entwaldung, Degradierung und Umwandung von Ökosystemen wie Savannen, Grasland und Feuchtgebieten. 15 der 27 angefragten Unternehmen bzw. 56 Prozent meldeten sich zurück: Eine umfassende Selbstverpflichtung zu entwaldungsfreien Lieferketten, die auch andere wichtige Ökosysteme vor Umwandlung schützt und alle Rohstoffe und Lieferketten betrifft, konnte lediglich Lidl vorlegen. Weitere drei Firmen – Beiersdorf, Kaufland und Metro – haben sich zu entwaldungs- und umwandlungsfreien Lieferketten bekannt, dabei aber nicht alle Rohstoffe und deren gesamte Lieferketten im Blick.
 
Insgesamt ist noch deutlich Luft nach oben: Denn auch die Unternehmen mit den besten Ergebnissen – Lidl, Beiersdorf, PHW Gruppe, Aldi Nord, Aldi Süd und Kaufland – erreichen bei der Gesamtbewertung nur zwischen 67 und 61 Prozent. „Deutsche Firmen haben klar Nachholbedarf. Unter international führenden Unternehmen sind entwaldungs- und umwandlungsfreie Selbstverpflichtungen und Reporting dazu bereits stärker verbreitet“, urteilt Riecher.
 
Im Vergleich der Rohstoffe zeigt sich, dass Unternehmen sich vor allem um ihre Palmöl-Bezüge kümmern – als Ergebnis jahrelanger Naturschutz-Kampagnen gilt es inzwischen auch in der Öffentlichkeit als problematisch. Firmen setzen dabei auf Zertifizierungen: 13 Unternehmen gaben an, dass mehr als 75 Prozent ihres Palmölangebots zertifiziert ist. Bei Soja und Kakao hingegen hat nur je eins der Unternehmen zurück verfolgbare Lieferketten, sodass sich die Herkunft des Rohstoffs klar zuordnen lässt. Auch bei Rind-Erzeugnissen wie Fleisch, Nebenprodukte für Tierfutter oder Gelatine ist die Rückverfolgbarkeit gering: Nur zwei von zehn Unternehmen, die zu diesen Produkten berichteten, setzen sich ein Ziel, die Produkte bis zur Farm zurückverfolgen zu wollen.
 
Besser schnitten die Unternehmen beim Thema menschenrechtliche Sorgfaltspflicht und dessen Umsetzung ab, wozu in der Analyse ebenfalls das Engagement abgefragt wurde. Hierzu dürften die international anerkannten UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und die ab 2023 gesetzlich bestehenden Reportingpflichten im Rahmen des deutschen Lieferkettengesetzes mitbeitragen.

Für die WWF-Entwaldungs-Scorecard wurden deutsche Unternehmen der Fleisch- und Futtermittelindustrie, des Lebensmitteleinzelhandels und -produktion, der Konsumgüter- und Chemieindustrie sowie Drogeriemärkte angefragt, die typischerweise Risikorohstoffen nutzen bzw. in den Handel bringen. 44 Prozent der Unternehmen haben die WWF Anfrage nicht beantwortet. Dazu zählen beispielsweise Fleischwarenproduzenten wie Meica und Herta und Tierfutterhersteller wie Agravis oder Deutsche Tiernahrung Cremer.

Maja-Catrin Riecher urteilt: „Unter dieser stillen Gruppe mag es einzelne Engagierte geben, doch die meisten hoffen wohl eher mit Passivität und Intransparenz davonzukommen. Um diese Unternehmen zu erreichen, ist Druck der Zivilgesellschaft wichtig, aber alleine nicht genug. Deshalb muss die Bundesregierung sich dafür einsetzen, den vorliegenden EU-Gesetzesentwurf zum Stopp der globalen Entwaldung nachzubessern. Neben der Rückverfolgbarkeit der Rohstoffe bis zum Feld müssen gesetzlichen Vorgaben eine engmaschige Kontrolle und strenge Sanktionen beinhalten.  Zusätzlich deckt der aktuelle Gesetzesentwurf nicht alle gefährdeten Ökosysteme ab. Durch Verlagerungseffekte könnten sich neue Anbauflächen statt in Wälder in andere Ökosysteme ausbreiten und sie zerstören. Um die Biodiversitäts- und Klimakrise zu stoppen, braucht es aber ein starkes, umfassendes Gesetz.”
 
Hintergrund:
Die EU ist für 16 Prozent der Tropenwaldabholzung im Zusammenhang mit dem globalen Handel verantwortlich. Innerhalb der EU ist Deutschland „Spitzenreiter“ und trägt daher eine besondere Verantwortung. Auch bei den europäischen Sojaimporten ist Deutschland Vize-Europameister. Mit dem Verlust von Wäldern und anderen Ökosystemen verschwindet nicht nur der Lebensraum für Menschen und Tiere, auch die Biodiversitäts- und die Klimakrise werden weiter angeheizt. Denn Wälder sind Hotspots der Biodiversität und speichern, wie andere Ökosysteme, zugleich ungeheure Mengen Kohlenstoff, die bei ihrer Vernichtung freigesetzt werden. Mehr als 10 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen werden laut einer Analyse von Global Forest Watch allein aufgrund der Zerstörung von tropischen Wäldern ausgestoßen.

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