Sozial gerechter Klimaschutz im Programm der Bundesregierung an vielen Stellen verankert, aber noch lange kein Selbstläufer

„Die neue Bundesregierung will die Klimakrise entschieden bekämpfen und sie will dabei Menschen mit hohen Einkommen relativ stärker in die Pflicht nehmen. Der Koalitionsvertrag macht sozialen Klimaschutz erkennbar zu einer Priorität des Regierungsprogramms“, so Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa auf einer Pressekonferenz.

„Klar wird bei der Lektüre des Koalitionsvertrags aber auch: Sozial gerechter Klimaschutz ist kein Selbstläufer. Manche Konflikte zwischen den Regierungsparteien sind unter klangvollen Überschriften nur mühsam verborgen und wir werden sehr genau schauen müssen, wie das Klimageld ausgestaltet wird, was im Bereich Wohnen passiert, wie Deutschland beim Klimaschutz seiner internationalen Verantwortung gerecht wird“.

Klimageld soll Energiepreissteigerungen ausgleichen

Sehr erfreulich ist aus Sicht des Deutschen Caritasverbandes der Plan von SPD, Grünen und FDP, über ein „Klimageld“ einen sozialen Ausgleich für die Besteuerung jeder Tonne CO2 zu schaffen – auch wenn noch unklar ist, was sich genau hinter diesem Klimageld verbirgt. „Menschen mit wenig Geld tragen weniger zur Klimakrise bei, gleichzeitig bekommen sie höhere Energiepreise überproportional zu spüren, weil dieser Posten einen höheren Anteil ihrer Ausgaben ausmacht als bei wohlhabenderen Menschen“, erläuterte Astrid Schaffert, Referentin für Klimaschutz im Deutschen Caritasverband im Pressegespräch. Diese Schieflage korrigiert am besten eine Pro-Kopf-Rückerstattung an alle Einwohnerinnen und Einwohner in Deutschland. „Das Klimageld muss schnell ausgearbeitet werden und in dieser Legislatur noch eingeführt werden“, so Schaffert.     

Abbau von sozial ungerechten Subventionen: Chance verpasst

In Deutschland gibt der Staat etwa 50 Milliarden Euro im Jahr an klimaschädlichen Subventionen aus – etwa in Form einer vorteilhaften Dieselbesteuerung und des Dienstwagenprivilegs. Die meisten dieser Subvention nutzen in erster Linie Menschen aus der Mittel- und Oberschicht. Gerade im Bereich Verkehr haben einkommensarme Haushalte, von denen viele kein Auto haben oder keinen Dieselwagen fahren, wenig bis gar nichts davon.

„Die Koalitionäre bekennen sich zwar zum Abbau klimaschädlicher Subventionen, aber zu den sozial ungerechtesten von ihnen, wie der Dienstwagenprivileg, steht im Koalitionsvertrag nichts“, so Schaffert. „Wir hoffen sehr, dass überkommene Reflexe im Autoland Deutschland sozial gerechtem Klimaschutz nicht im Weg stehen“.

Verkehrswende: gute Ansätze, aber…

Zum Thema Verkehr gibt es im Koalitionsvertrag aus Sicht des Deutschen Caritasverbandes positive Aussagen, etwa ein Bekenntnis zum Ausbau der öffentlichen Infrastruktur. Dieser ist zwingend notwendig, wenn wir vom individuellen PKW weg wollen. Gerade im ländlichen Raum sind zu viele Menschen auf das Auto angewiesen. „ÖPNV und der Bahnverkehr müssen erschwinglicher werden, gerade für Familien mit geringen Einkommen“, so Schaffert. „Noch ist nicht klar, ob die Pläne der Regierung in diese Richtung gehen“.  

„Eine Tarifreform der Bahn, die die Nutzung der Schiene für private Bahnreisende günstiger macht, steht im Koalitionskompromiss unter Haushaltsvorbehalt. Und das Bekenntnis zur Barrierefreiheit der Bahnhöfe bleibt unverbindlich,“ kritisiert Caritas-Präsidentin Welskop-Deffaa.

Wohnen: es geht zaghaft in die richtige Richtung  

In der Sanierung von Wohnraum steckt viel Potenzial für CO2-Minderungen. Aber diese Sanierung ist teuer und diese Kosten werden auf Mieterinnen und Mieter überwälzt. Menschen mit wenig Geld wohnen überwiegend zur Miete und wenn diese steigt, müssen sie entweder auf billigere Wohnungen ausweichen (die es vielerorts nicht gibt), oder die Miete frisst einen immer höheren Anteil ihres Einkommens. Neben anderen Finanzierungsmodellen für die Sanierung von Gebäuden, muss eine sozial gerechte, klimafreundliche Wohnungspolitik dafür sorgen, dass neuer günstiger Wohnraum entsteht.

„Es ist sehr erfreulich, dass der Koalitionsvertrag eine Förderung des Wohnungsbaus, gerade im gemeinnützigen Segment, vorsieht,“ so Schaffert. „Auch die Pläne zur Einführung einer Klimakomponente beim Wohngeld und der geplante Winter-Heizkostenzuschuss sind positiv zu bewerten. Sie entlasten wirksam Menschen mit geringen Einkommen, die oft keine Alternative haben als da zu wohnen, wo sie wohnen“.

„Der Energieverbrauch in schlecht isolierten Altbauwohnungen ist nicht von heute auf morgen zu verändern,“ ergänzt Caritas-Präsidentin Welskop-Deffaa. Die langjährigen Erfahrungen der Caritas mit dem Stromspar-Check machen aber deutlich, dass die passende Beratung schnell realisierbare Einspar-Möglichkeiten im Bereich Energie auch für Haushalte mit Niedrigeinkommen heben kann. Leider steht zur Energieberatung nichts im Koalitionsvertrag.

Internationale Verantwortung mitgedacht

Einen aktiven Beitrag zum Kampf gegen die Klimakrise kann Deutschland auch mit seiner Außen- und Entwicklungspolitik leisten. Dem trägt das Regierungsprogramm der neuen Bundesregierung aus Caritas-Sicht Rechnung, denn auch da zieht sich der Klimaschutz wie ein grüner Faden durch die Vorhaben.

Einen aktiven Beitrag zum Kampf gegen die Klimakrise kann Deutschland auch mit seiner Außen- und Entwicklungspolitik leisten. Dem trägt das Regierungsprogramm der neuen Bundesregierung aus Caritas-Sicht Rechnung, denn auch da zieht sich der Klimaschutz wie ein grüner Faden durch die Vorhaben.

„Sehr wichtig ist, dass CO2-Bilanzen und Lieferketten global in den Blick genommen werden“, so Claudio Moser, Leiter des Referats Lateinamerika / Europa bei Caritas international, dem Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes. „Wenn wir hierzulande E-Autos fördern wollen, muss uns klar sein, wo die Rohstoffe dafür herkommen und wie sie produziert werden“. Insofern kommt es darauf an, wie etwa das Lieferkettengesetz verbessert werden kann oder wie genau die für das Handelsabkommen mit dem Mercosur vorgesehenen Verpflichtungen zum Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsschutz auch durchsetzbar sind. 

Die Klimakrise ist für viele Länder jetzt schon massiv: die Zunahme von Extremwetterereignissen, Dürren, Missernten und Hunger, Konflikte um knapper werdende Ressourcen wie Land und Wasser, sowie Flucht und klimabedingte Migration treffen heute schon Millionen Menschen.

„Insgesamt wird es sehr auf schnelles und effektives Handeln ankommen,“ so Moser. „Das Risiko, dass viele geplanten Maßnahmen zu kurz greifen oder zu spät wirken, ist nicht von der Hand zu weisen“.        

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