Look at this: 17. Juni – 19. September 2021

Im März 2020 reiste der nigerianische Kurator Folakunle Oshun erstmals nach München. Sein Besuch war der Auftakt eines Forschungsaustauschs, an dessen Ende eine kollaborative Ausstellung steht. Unter dem Titel LOOK AT THIS – bewusst ohne erklärenden Untertitel – wirft das im Dialog entwickelte Projekt einen neuen Blick auf die Sammlung zeitgenössischer Kunst in der Pinakothek der Moderne und befragt damit eine Museumssammlung, die in einem vorwiegend westlichen Kontext entstanden ist.

Ausgehend von der Architektur des Museumsgebäudes findet eine Auseinandersetzung mit den Beziehungen zwischen Kunst, Betrachter:innen, Kuratoren, Raum und Institution statt. Was eigentlich sehen wir, wenn wir im Museum Kunst betrachten? Sind es allein die Kunstwerke? Oder ist es nicht auch der Raum, der eine entscheidende Rolle für das Verständnis von Kunst spielt? Welche Bewertungen und Zuschreibungen sind damit verbunden? Welche Abhängigkeiten und Machtstrukturen treten zutage? Das Museumsgebäude ist kein neutraler „Container“, es erzählt seine eigene Geschichte.

Der Ausstellungstitel LOOK AT THIS übernimmt den Titel einer Zeichnung von David Shrigley, die vor allem eines zeigt: eine schwarze Fläche. Die Zeichnung ist vielleicht als Aufforderung zu verstehen, genau das anzuschauen, was normalerweise übersehen wird. Was aber wird im Museum gezeigt – und was nicht? Was wird übersehen in einer Welt, die aus viel mehr Kulturen besteht als nur einer einzigen? LOOK AT THIS macht die Vielfalt von (Betrachtungs-)Perspektiven zum eigentlichen Thema und beleuchtet fest etablierte, zumeist westlich geprägte Sichtweisen auf die Kunst, den (Ausstellungs-)Raum sowie die Institution Museum.

Für die Ausstellung LOOK AT THIS wurden Werke ausgewählt, die sich als Kunst selbst reflektieren und dazu einladen, mehr zu sehen als das scheinbar Vordergründige. Zu sehen sind Arbeiten unterschiedlicher Medien von 25 internationalen Künstlerinnen und Künstlern: Sameh Al Tawil, Heike Kati Barath, Dirk Bell, Benjamin Bergmann, Kristina Buch, Bodo Buhl, Raoul De Keyser, Ndidi Dike, Victor Ehikhamenor, Elmgreen & Dragset, Julian Göthe, Jon Groom, Sabrina Hohmann, Magdalena Jetelová, Leo von Klenze, Victor Leguy, Nam June Paik, Stephan Reusse, Gerhard Richter, David Shrigley, Thomas Struth, Thu-Van Tran, Rosemarie Trockel, Andreas von Weizsäcker.

Fast alle Werke in LOOK AT THIS entstammen den Beständen der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, viele von ihnen befanden sich in den letzten Jahren im Depot des Museums. Die Auswahl ergänzen einige Leihgaben sowie drei Neuproduktionen, darunter die Beiträge von Victor Ehikhamenor und Sabrina Hohmann:

Ein nicht zu übersehender Vorbote der Ausstellung ist die ortsspezifische Installation „Bha Dò Ghé” (deutsch „Komm und schau”) von Victor Ehikhamenor an vier Säulen im Eingangsbereich der Pinakothek der Moderne. Die Arbeit verweist auf den Brauch (west-)afrikanischer Tanzrituale mit ihren aufwendigen gestalteten textilen Kostümen. Diese „Maskeraden“ bilden eine Brücke zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit, den Lebenden und den Toten, dem Mystischen und dem Zeitlichen. In ihren textilen Schichten vereinen sich die Elemente früherer Kostüme und jeweils neu hinzugefügte Bestandteile, so dass die Materialität der Kostüme gleichzeitig zum Speicher ihrer Geschichte wird. Die für die Installation verwendeten Textilien sind zuvor angefertigte Gemälde, die für das Werk in Streifen gerissen wurden, die zum Nachdenken über den kulturell geprägten Umgang mit Kunst anregen: ihre gesellschaftliche Rolle, ihre Formen der Präsentation, ihre Orte und ihre Zeitlichkeit. Mit Ehikhamenors Installation, die den Schwellenbereich des Museums markiert, den Übergang von außen nach innen, verweist der Künstler auf das (kulturell) Verbindende, auf gemeinsam geteilte sinnliche Erfahrungen.

Eine zweite Neuproduktion ist die Performance „NOCH WEISS ER“ von Sabrina Hohmann, die in der Ausstellung in einem Video gezeigt wird: Ein lebendiges weißes Pferd, das sich in einem der weißen Oberlichtsäle der Pinakothek der Moderne befindet, wird von einer Person im schwarzen Anzug mit schwarzer Farbe „beschrieben“. Die Performance verdichtet Beziehungen zwischen Natur und Kultur und stellt diese gleichzeitig in Frage. Das schwarz-weiße Erscheinen von Tier und Mensch im White Cube des Museums weckt zahlreiche Assoziationen, ob an die weiße Farbe in der klassisch-antiken bis modernen Architektur und Skulptur als Ausdruck vermeintlicher Freiheit und Neutralität, an das (weiße) Pferd als jahrtausendealtes Symbol der Gefolgschaft, aber auch der Übersinnlichkeit, an die Sprache als Träger des nicht Vergessenen oder an kunsthistorische Traditionen: von den Pferde- und Reiterstandbildern der Antike und Renaissance bis zu zahlreichen Werken der Nachkriegsmoderne, u. a. von Jannis Kounellis oder Joseph Beuys. Neben alle Fragen nach Herkunft und Zeichen unserer Kultur stellt die Künstlerin die Magie der Kunst, die Magie des Lebendigen und die Magie der Sprache.

Der Gastkurator der Ausstellung LOOK AT THIS, Folakunle Oshun, geboren 1984 in Ibadan, Nigeria, studierte Bildende Kunst und Kunstgeschichte an der Universität von Lagos. Er ist Initiator und künstlerischer Leiter der 2017 gegründeten Lagos Biennale. Ebenfalls 2017 erhielt Oshun den Potsdamer Kuratorenpreis. In seiner künstlerischen Praxis untersucht er die Auswirkungen von Politik und Geschichte auf das kulturelle Erleben. Folakunle Oshun lebt und arbeitet zwischen Lagos, Paris and Berlin.

Das Projekt LOOK AT THIS, das im März 2020 mit dem ersten Besuch von Folakunle Oshun in München begann, wurde von Miro Craemer und Pablo Lauf filmisch begleitet. Der Film, der voraussichtlich im Juli fertiggestellt sein wird, dokumentiert den Entstehungsprozess der Ausstellung als deren zentralen Bestandteil.

Kuratoren: Folakunle Oshun, Bernhart Schwenk
Wissenschaftliche Beratung: Alexandra Weigand
Audiovisuelle Begleitung: Miro Craemer, Pablo Lauf
Hospitanz: Anabel Priemer

LOOK AT THIS wird ermöglicht durch
PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne e. V.
Legero united. The shoemakers

Dank an
Urban Progress GmbH

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