Eine irische Mondlandschaft mit den Spuren alter Zivilisation

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Der Burren – Grauer Fels auf der Grünen Insel

Zwischen Kilfenora und Ballyvaughan im westirischen County Clare liegt eine Landschaft, wie man sie eigentlich auf dem Mond oder auf einem anderen Planeten erwarten würde. Karg und grau zeigt sie sich dem Reisenden. Verlässt man die Straße und wagt sich in die zerklüftete Steinlandschaft hinein, muss man aufpassen, sich in den nur spärlich bewachsenen grauen Spalten nicht die Füße zu brechen. Es gibt nur wenige Straßen, die dieses größte Kalkstein-Karstgebiet in Westeuropa durchziehen. Zunächst scheint im Burren alles grau in grau. Aber es lohnt sich, die spärlichen Straßen und Wege auszuprobieren, ob mit dem Auto oder mit langsameren Fortbewegungsmitteln wie dem Fahrrad oder zu Fuß. Gerade die entschleunigte Reisegeschwindigkeit lässt dem Besucher die Zeit, die extraterrestrische Schönheit des Burrens zu würdigen und immer wieder neue Details und bizarre Formationen zu entdecken. Untypisch für die Grüne Insel wirkt die Landschaft oberflächlich grau, birgt aber zwischen den Kalksteinschichtungen, unterirdischen Flussläufen und in den vielen Spalten (engl.: Grykes) eine ungewöhnliche botanische Mischung aus alpinen und mediterranen Pflanzen.

Menschliche Hinterlassenschaften aus der Jungsteinzeit

Alles scheint aus Felsplatten zu bestehen und so scheint es nur folgerichtig, dass es in dieser Gegend von Menschen hinterlassene Überreste aus der Steinzeit gibt, die sich fast nahtlos in Umgebung einpassen. Etwa 100 m abseits der R480 auf dem Weg von Caherconnel nach Norden Richtung Ballyvaughan macht einer der ausgefallensten und prominentesten Vertreter der irischen Megalithkultur auf sich aufmerksam, der Poulnabrone Dolmen. Dolmen sind Großsteingräber aus der Jungsteinzeit (Neolithikum), die in Irland etwa zwischen 4000 und 2000 v. Chr. datiert wird. Wie die meisten seiner über 70 Verwandten im Burren gehört auch der Poulnabrone Dolmen in die Klasse der Keilgräber (engl.: Wedge Tombs), die ihren Namen der Tatsache zu verdanken haben, dass die die Wände der Grabkammer bildenden Tragsteine nicht parallel zueinanderstehen, sondern nach oben hin keilförmig aufeinander zulaufen. Diese Dolmen öffnen sich meistens zum Sonnenuntergang, sind also grob Ost-West ausgerichtet, was auf einen Sonnenkult der Neolithiker hindeutet. Die Sonne bestimmte die Zeitläufte und sie galt als Lebens-, Licht- und Wärmespender.

Der Poulnabrone Dolmen – Ein restauriertes Denkmal

Der Poulnabrone Dolmen ist sicherlich nicht der eleganteste oder ästhetischste Dolmen Irlands, aber seine Ausmaße machen ihn angeblich zum am zweithäufigsten fotografierten Megalithobjekt in Irland nach Newgrange. Doch trotz seiner Größe wirkt er auf eigentümliche Art filigran und zerbrechlich, und das nicht ohne Grund. Der dünne Deckstein liegt geneigt auf zwei 1,8 m Portalsteinen und zwei kleineren Orthostaten, wie die aufrechten Tragsteine auch genannt werden. Die Neigung des Decksteins verläuft von Norden nach Süden, entspricht also nicht der typischen Orientierung. Am hinteren Ende tummelt sich ein weiterer aufrechter Stein, der aber keine tragende Funktion besitzt. Früher war die gesamte Anlage mit dem sie umgebenden Erd- bzw. Schutthügel etwa 9 m lang. Der östliche Portalstein wurde 1986 ersetzt, nachdem man 1985 entdeckt hatte, dass er unglücklicherweise gebrochen war. Die Restauration wurde mit Ausgrabungsarbeiten unter der Aufsicht von Ann Lynch verbunden. Eine zweite Ausgrabung schloss sich 1988 an. Zusätzlich zu dem angebrochenen Ostportalstein wurde gefunden, dass ein weiterer neuer Orthostat notwendig war, um das Gewicht des Decksteins abzufangen. Bei der Ausgrabung des Westteils brachte man einen neuen Tragstein ein, um den Orthostaten der Südwestkammer zu entlasten. Man ließ den neuen Stein an seinem Platz auf der Westseite des Grabs, weil die Fundamente der Originalorthostaten zu stark zerstört waren. Es bleibt jetzt nur zu hoffen, dass der 6000 Jahre alte Dolmen für weitere sechs Jahrtausende seine frisch wiedergewonnene, neue Standfestigkeit behält.

Die Grabkammer reichte 25 cm tief in die Erde. Vor der niedrigen Seite des Dolmens liegt ein Schwellstein wie ein Fensterbrett, der früher vor dem Grab gestanden haben könnte und es verschlossen haben könnte. Der acht Quadratmeter große Deckstein neigt sich vom fast 2 m hohen Portal herunter zur Hinterseite des Dolmens. Diese Portalarchitektur führt zu einer weiteren Klassifizierung, den Portaldolmen, von denen etwa 180 in ganz Irland bekannt sind. Die Kammer maß 2,5 m x 1,2 m. Von drei aufrecht stehenden Kalksteinen wurde eine Art Vorhof gebildet, der mit loser Erde und Kies aufgefüllt wurde, um dann zusammen mit der Grabkammer von weiteren kleineren Kalksteinen umhüllt zu werden. Das Grab liegt im Zentrum der Gesamtanlage des ehemaligen Steinhaufens. Der ovale Steinhaufen ist nach theoretischen Berechnungen zum Zeitpunkt des Baus nicht höher als etwa 55 cm gewesen, hat aber die seitlichen Tragsteine sehr gut abgestützt.

Wer waren die Erbauer?

Die Überreste von mehr als 20 Menschen der Jungsteinzeit wurden in dem Dolmen gefunden, die man 16 – 22 Erwachsenen und sechs Kindern zuordnen konnte. Die Reste eines neugeborenen Babys scheinen eher in die Bronzezeit zu gehören. Die Körper sind nicht verbrannt worden. Verwesungsspuren gab es auch nicht, so dass davon ausgegangen wird, dass in der Steinkammer lediglich die Knochen bestattet wurden. Die Verwesung oder Ablösung des Fleisches muss woanders stattgefunden haben. Prähistorische Bestattungsrituale sind immer Gegenstand von Spekulation, so auch hier. Aufgrund fehlender Schab- und Schneidespuren an den Knochen ist wohl auszuschließen, dass die Toten von ihren Hinterbliebenen sofort „entfleischt“ wurden. Auch die Möglichkeit, dass man das Ablösen des Fleisches wilden Tieren überlassen hat, ist damit unwahrscheinlich. Dagegen spricht auch, dass selbst die kleinsten menschlichen Knochen sorgfältig mit aufgeschichtet wurden. Diese Knochen wären verlorengegangen, wenn die Leichname Tieren überlassen worden wären. So bleibt als wahrscheinlichste Alternative die Erstbestattung an einem anderen Ort. Nach der Verwesung grub man die Toten wieder aus und überführte nur die Knochen in die Steinkammer. Dies alles muss mit großer Sorgfalt und nicht geringem Zeitaufwand vonstatten gegangen sein, was sich aus der ausgeklügelten Packstruktur der Knochen ableiten lässt.

Nur einer der Erwachsenen hatte schon ein Alter von 40 Jahren überschritten, die meisten anderen sind schon vor dem 30. Lebensjahr gestorben. Die Kinder waren im Alter zwischen fünf und 15 Jahren. An den Knochenresten ließ sich Arthritis nachweisen, was auf ein hartes, arbeitsreiches und stresserfülltes Leben hindeutet. In der Hüfte eines Mannes ließ sich die Verletzung durch eine Feuerstein- oder Speerspitze finden. Da es keine Infektionsspuren oder Hinweise auf einen Heilungsprozess gab, geht man davon aus, dass die Wunde zum Zeitpunkt des Todes empfangen wurde. Man fand außerdem zwei verheilte Knochenbrüche, eine Schädelfraktur und einen Rippenbruch. Alle diese Wunden wurden als untypisch für Unfälle eingeordnet, sondern eher als Zeichen von Gewalt gedeutet, und lassen auf nicht seltene kriegerische Auseinandersetzungen schließen. Die Analyse der Zähne wies auf den Genuss einfacher, anspruchsloser Getreidekost hin. Neben den Knochenresten wurden auch Werkzeuge ausgegraben, dazu gehören eine polierte Steinaxt, zwei Steinkugeln, ein verzierter Knochenanhänger, das Fragment eines Knochendorns mit Pilzkopf, zwei Quarzkristalline, über 60 Scherben nicht identifizierbarer Töpferkunst, eine Pfeilspitze und verschiedene Schaber aus Feuerstein.

Außerhalb der Grabkammer gab es keine Werkzeugfunde, auch wenn die Spalten des Felsuntergrunds zur Ablage von Knochenresten genutzt wurden. Dazu gehörten die Knochen von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen, Hunden, Hasen, Mardern, Mäusen und Vögeln, die jedoch auch in den Grabkammern gefunden wurden.

Die Nahrung, die tierischen Knochenreste und die Werkzeuge sind Hinweise darauf, dass es sich bei den Verstorbenen um Ackerbauer und Viehzüchter handelte, die man aufgrund von Radiokarbonuntersuchungen in die Zeit von 3800 bis 3200 v. Chr. datieren muss. Die Grabstätte wurde also über viele Generationen hinweg genutzt. Die Knochenanalyse zeigte außerdem, dass Männer und Frauen gleichermaßen unter den Toten vertreten waren und dass man von einer herausgehobenen Position der Bestatteten ausgehen darf. Die Gegenwart von Kindern und Erwachsenen in einem Grab lässt Rückschlüsse auf eine gewisse Hierarchie basierend auf Verwandtschaftsverhältnissen zu. Eine Vererbbarkeit von Rängen gehörte wohl zum gesellschaftlichen Wesen. Die Toten von Poulnabrone waren aus irgendeinem Grund auserwählt worden, um in dieser exponierten, großen Grabstätte ihre letzte Ruhe zu finden.

Nicht nur Grabstätte

Die Schlussfolgerungen zum gesellschaftlichen Stand der Bestatteten sind natürlich nur Interpretationen. Sie lassen sich aber mit der langen Nutzungsdauer über sechs Jahrhunderte in Einklang bringen, wenn man davon ausgeht, dass nur die Angehörigen der Sippenführer mit bestattet wurden. Es ist weiterhin nicht von der Hand zu weisen, dass Poulnabrone nicht nur als Begräbnisstätte, sondern auch als zeremonieller Treffpunkt der religiösen Gemeinschaft gedient hat.

Poulnabrone (auch: Poul na Brone, Poll na Brón) heißt wörtlich übersetzt „Höhle der Schmerzen“ (Hole of Sorrows, Hole of the Quern). Vor 200 Jahren hätte man den Dolmen als Druidenaltar bezeichnet, obwohl die Kelten viel später als die Neolithiker in Erscheinung traten. Die Bezeichnung Dolmen leitet sich aus dem Bretonischen ab und bedeutet Steintisch. In irischen Überlieferungen spielt der eine oder andere Dolmen u.a. eine Rolle als nächtlicher Zufluchtsort der Liebenden Diamuid und Grainne, die sich dem Zugriff eines alten und eifersüchtigen Königs entziehen wollten.

Der kleine Geselle

Weil er nur wenige Schritte nördlich vom Poulnabrone steht, ist ein Blick auf das Gleninsheen Wedge Tomb interessant. Der kleine Dolmen ist nur etwa 60 cm hoch ist und wird leicht übersehen. Er ist etwas jünger als der Poulnabrone Dolmen und markiert einen Übergang von der Stein- zur Bronzezeit, auch wenn er eine bekannte, klassische Form aufweist. Der berühmteste Nachweis bronzezeitlicher Bewohner ist das goldene Halsband von Gleninsheen, welches 1932 von einem Farmer gefunden wurde und heute im Nationalmuseum von Dublin bewundert werden kann.

Kraftorte und Ruhestätten

Dolmen sind Gräber, die häufig viele Jahrhunderte genutzt wurden. Die Erbauer haben viele Mühen auf sich genommen, um Ihren Angehörigen eine angemessene letzte Ruhestätte zuteil werden zu lassen. Diese Menschen werden ihren Glauben an eine jenseitige Welt gehabt haben, genauso wie Menschen auch heute ihre Religionen ausüben. Die Steingräber haben Jahrtausende überdauert. Viele wurden im Laufe der Zeit mit Ehrfurcht und Respekt behandelt, viele wurden zerstört. Dass sie Respekt verdienen, steht außer Frage. Archäologen sehen in ihnen Forschungsobjekte, was richtig ist, da die Wissenschaft ihren Platz braucht. Aber viele Menschen sehen mehr in diesen Monumenten der Vergangenheit. Kraftorte, Mahnmale oder Symbole der Vergänglichkeit. Was immer Menschen beim Besuch dieser faszinierenden Stätten empfinden, ein wenig Nachdenklichkeit ist erlaubt.

Karsten Diekmann

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