IW-Direktor Michael Hüther: „Der Umgang mit Grundrechten ist nicht mehr akzeptabel“

Die Politik begründet Lockdown-Maßnahmen nur noch mit allgemeiner Gefahrenabwehr, Referenzwerte sind längst beliebig geworden. Es kann – so bitter dies scheinen mag – nicht darum gehen, jeden virusbedingten Todesfall zu verhindern; das kann Politik nicht leisten, es kommt sogar einer Hybris gleich. So kommentiert IW-Direktor Michael Hüther die aktuelle Corona-Politik und fordert eine schnellstmögliche Öffnung – unter Berücksichtigung von bewährten Hygienekonzepten.

Ein neuer Gipfel, ein vertrautes Szenario: Heute entscheidet Bundeskanzlerin Angela Merkel gemeinsam mit den Ministerpräsidenten, Kanzleramtschef Helge Braun und dem Kabinett, bis wann der Lockdown verlängert wird. Friseure können ersten Berichten zufolge darauf hoffen, ab dem ersten März wieder öffnen zu dürfen, während über Schulen und Kitas die Länder entscheiden sollen. Für alle anderen gilt: Die Maßnahmen werden verlängert, mindestens bis zum 14. März. 

Politik ist nicht mehr akzeptabel

Diese Politik beruht auf einem allgemeinen Verweis auf Vorsorge und möglichen Risiken, die damit verbunden sind. Sie greift elementar in die Freiheitsrechte der Verfassung ein. Dadurch kann sie nur akzeptabel sein, wenn es keine Alternativen gäbe.

Diese stehen aber durchaus zur Verfügung: Mit entsprechenden Hygienekonzepten im Einzelhandel, Gaststätten und Hotels, wie das Beispiel Rostock lehrt: Die Stadt hat die Pandemie bisher besonders gut bewältigt und konnte wochenlang die bundesweit niedrigste Inzidenzzahl vorweisen. Die Erfolgsfaktoren neben den Hygienekonzepten: viele Tests in Kliniken, Pflegeeinrichtungen und bei Rettungsdiensten und mehr Personal im Gesundheitsamt, sodass die Kontaktverfolgung möglich war. 

Es drohen verdrehte Erwartungen an den Staat

Der dilatorische Umgang mit den verfassungsmäßigen Grundrechten ist nicht mehr akzeptabel. Verhältnismäßigkeit und Übermaßverbot sind nicht mehr gewährleistet. Dies gilt umso mehr, als die Ziele des politischen Handelns nur noch allgemein mit Gefahrenabwehr begründet werden: Referenzwerte wie Neuinfektionen je 100.000 Einwohner oder die Auslastung der Intensivmedizin werden beliebig gewendet. Die Politik muss endlich offen sagen, dass es nicht darum gehen kann, jeden Todesfall aufgrund eines Virus zu verhindern. Denn das kann nicht gelingen und führt gleichzeitig zu völlig verdrehten Erwartungen an den Staat.

Besorgniserregend sind vor allem die Schäden im industriellen Bereich. Noch wird er durch den Export getragen, aber der Ausfall der Konsumnachfrage hinterlässt auch hier zunehmend Spuren. Einzelne Hersteller verzeichnen 30 Prozent Umsatzeinbrüche. In anderen Bereichen wie dem stationären Einzelhandel, bei Gaststätten, Hotels, Veranstaltern und Kulturbetrieben sind die Hilfen viel zu spät angekommen, es drohen Insolvenzen. 

Was ist jetzt zu tun?

1.    Kitas, Grundschulen sowie die Klassen 5 und 6 der weiterführenden Schulen sollten im Wechselunterricht öffnen. Zum Schutz von Lehrern und Schülern sind wöchentliche Schnelltests erforderlich.

2.    Einzelhändler, Friseure, Hotels und Gaststätten mit erprobten Hygienekonzepten sollten öffnen.

In beiden Punkten geht es auch darum, dass die Virusverbreitung in geordneten Strukturen verlässlicher kontrolliert und nachverfolgt werden kann als bei einer Verdrängung ins Private.

3.    Grenzen müssen offengehalten werden.

4.    Es muss endlich per Verordnung ein einheitliches und verbindliches Schutzkonzept für Alten- und Pflegeheime etabliert werden. Dazu gehören unter anderem Tests, Impfungen und Schutzvorkehrungen bei Besuchen.

5.    Die Politik muss jetzt eine Diskussion darüber führen, was es langfristig bedeutet, mit dem Virus bei umfangreich verfügbaren Impfstoffen zu leben. Wie viele Infektionen und eine wie hohe Sterblichkeit sind wir bereit, dauerhaft hinzunehmen? Dieser unbequemen Frage können wir nicht ausweichen.

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