Die Zukunft medizinischer Versorgungszentren

Wie wird die ambulante medizinische Versorgung in Deutschland in Zukunft aussehen? Wie wichtig diese Frage ist, zeigt die derzeitige Corona-Pandemie. Um die Versorgung gerade auch in ländlichen Regionen zu verbessern, wurde 2004 das medizinische Versorgungszentrum (MVZ) als neuer Anbietertyp ins Leben gerufen. Das Bundesgesundheitsministerium führt 15 Jahre nach Eröffnung der ersten Einrichtungen eine Bestandsaufnahme durch und lässt Vorschläge zur Weiterentwicklung erarbeiten. Das entsprechende Gutachten haben Prof. Dr. Andreas Ladurner von der Hochschule Aalen und seine Kolleginnen nun vorgelegt.

Viele Patienten haben sich in den vergangenen Jahren bereits in einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) behandeln lassen. Auch in Ostwürttemberg bieten zahlreiche MVZ ihre Leistungen an. Ein MVZ ist – anders als die klassische Arztpraxis – eine Art ambulantes „Mini-Krankenhaus“. Auf Initiative der ehemaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt führte der Gesetzgeber 2004 MVZ als Ergänzung zur herkömmlichen Arztpraxis ein. Während dort ein niedergelassener Arzt seinen Beruf als Selbstständiger in eigener Praxis ausübt, sind die Ärzte im MVZ überwiegend Angestellte. Inhaber eines MVZ müssen zudem nicht zwingend die dort tätigen Ärzte sein; so können z. B. auch Krankenhäuser MVZ gründen und betreiben. Bis vor einigen Jahren war die MVZ-Gründung darüber hinaus z. B. Apothekern und Sanitätshäusern erlaubt, also insbesondere auch Nichtärzten.

Kritische Stimmen zu MVZ – Gutachten soll Klärung bringen

MVZ haben sich erfolgreich etabliert: Zuletzt waren deutlich mehr als 3.000 MVZ in Deutschland zugelassen, in denen mehr als 18.000 Ärzte praktizieren. In manchen ärztlichen Fachgebieten erbringen mittlerweile MVZ den Löwenanteil der Versorgung, so z. B. im Bereich der Labormedizin.

Gleichwohl gibt es aber auch Kritik an MVZ. Dabei wird vor allem beanstandet, dass sich mittels MVZ auch Nichtärzte wie z. B. Beteiligungsgesellschaften in der ambulanten Versorgung finanziell engagieren können. Solche Investitionen gefährdeten die Unabhängigkeit der in MVZ tätigen Ärzte und damit letztlich das Patientenwohl − so die Vorwürfe.

Vor diesem Hintergrund und angesichts zahlreicher Detailprobleme der MVZ-Regulierung hat das Bundesgesundheitsministerium im vergangenen Jahr ein Team um Prof. Dr. Andreas Ladurner von der Hochschule Aalen mit einem Gutachten zur Gesamtthematik beauftragt. Ladurner ist Studiendekan des Studienbereichs Gesundheitsmanagement der Hochschule Aalen; die Hochschule hatte ihn 2012 als Professor für Gesundheitsrecht berufen. Zum Bearbeiterteam gehören neben Ladurner auch Prof. Dr. Ute Walter, Fachanwältin für Medizinrecht in München, und Prof. Dr. Beate Jochimsen, Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen und zugleich Professorin an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin.

Vorschlag zur MVZ-Weiterentwicklung

„Wir schlagen zahlreiche Änderungen im Detail vor – im Großen und Ganzen hat sich das MVZ aber bewährt“, fasst Ladurner das 170 Seiten lange Gutachten zusammen. Das Gutachten unterbreitet z. B. Vorschläge, die es Ärzten erleichtern würden, in MVZ einzusteigen. Die Gutachter schlagen zudem vor, einige lediglich von der Rechtsprechung im Wege der Auslegung entwickelten MVZ-Regelungen auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. Dass sich nichtärztliche Inhaberstrukturen negativ auf die Behandlungsqualität der Ärzte im MVZ auswirken, lässt sich laut Gutachten weder bestätigen noch entkräften. Grund für dieses Ergebnis ist die aktuell unzureichende Datenlage. Vor diesem Hintergrund halten die Gutachter die derzeitigen Schutzmechanismen an sich für ausreichend. Denkbar sei es aber, den für jedes MVZ bereits bislang vorgeschriebenen ärztlichen Leiter in seiner Unabhängigkeit weiter zu stärken. Außerdem schlagen die Gutachter eine Schilderpflicht für MVZ vor: Der Patient soll gleich am Eingang erkennen können, wer Träger der Einrichtung ist. Ebenfalls im Sinne der Transparenz sollen Träger vorhandener MVZ im sogenannten Arztregister erfasst werden. Schließlich schlagen die Gutachter eine Mindestgröße für MVZ gemessen an der Zahl der dort tätigen Ärzte vor. Damit – so die Gutachter – ließe sich das Profil des Anbietertyps MVZ im Vergleich zur ärztlichen Praxis schärfen.

Wie sieht die Zukunft aus?

„Die Zahl der angestellten Ärzte wird weiter zunehmen, denn die wirtschaftlichen Risiken der Praxisgründung und die hohe zeitliche Belastung, die eine eigene Praxis mit sich bringt, wollen viele Ärzte der jungen Generation nicht mehr auf sich nehmen. Insofern bietet die Anstellung im MVZ eine gute Alternative. MVZ dürften deshalb auch in Zukunft für die Sicherstellung der Versorgung wichtig sein“, meint Ladurner mit Blick auf die Entwicklung der nächsten 15 Jahre.

Das vollständige Gutachten der drei Experten zur Weiterentwicklung der MVZ-Regulierung wurde zu Jahresbeginn veröffentlicht und ist auf der Homepage des Bundesgesundheitsministerium abrufbar.

 

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