Gorch Fock: Wettlauf gegen die Zeit

Entgegen der Bitte des Verwaltungsgerichts in Köln baut die Marine derzeit unter Hochdruck mutmaßlich illegales Tropenholz in das Marine-Schulschiff Gorch Fock ein. Damit will die Marine anscheinend einem vom Verwaltungsgericht Köln angeordneten, sofortigen Baustopp samt Inverwahrungnahme des noch unverbauten Teakholzes zuvorkommen. Das Verwaltungsgericht Köln hatte die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) bereits am Mittwoch gebeten, den Verbau von mutmaßlich illegalem Holz zu stoppen, während der Fall im Eilverfahren weiter aufgeklärt wird. Nach dem Gesetz gehört die Inverwahrungnahme von Holzprodukten zur Feststellung eines Verstoßes gegen die Europäische Holzhandelsverordnung (EUTR – European Union Timber Regulation) zu den Aufgaben der BLE. Der Deutsche Naturschutzring, der in der Sache inhaltlich vom WWF beraten wird, hatte beim Verwaltungsgericht Köln am Dienstag einen Eilantrag gestellt. Zuvor hatten WWF-Recherchen gezeigt, dass das Burma Teak für die Gorch Fock von einem Mafiaboss in Myanmar stammt. Außerdem besteht der dringende Verdacht, dass Exportsteuern in Myanmar hinterzogen wurden, was das Holz nach EU-Holzhandelsverordnung illegal macht. Das aus Raubbau stammende Tropenholz verstößt laut WWF außerdem gegen die Beschaffungsrichtlinien des Bundes. WWF-Holzexperte Johannes Zahnen kommentiert: „Es ist ein Skandal, dass die Marine jetzt Fakten schafft, statt die erdrückenden Indizien in Verbindung mit dem Tropenholz zu überprüfen. Die Bundeswehr will in der Welt für Frieden sorgen, dabei lässt sie es zu, dass Holz aus Strukturen der organisierten Kriminalität in der Gorch Fock verbaut wird. Und die BLE drückt beide Augen zu, anstatt ihrem staatlichen Prüfauftrag nachzukommen.“

Burma Teak wird in Myanmar von der Mafia kontrolliert und illegal verkauft. Das für die Vertreibung der Volksgruppe Rohingya bekannte Militär verdient dabei kräftig mit. In ein paar Jahren wird es in Myanmar keine gesunden Teakbestände mehr geben, Menschen und Tiere verlieren so ihre Lebensgrundlage. WWF-Holzexperte Johannes Zahnen kommentiert: „Es geht hier um mehr als ein paar illegale Hölzer, es geht um den Schutz der letzten alten Wälder der Welt, um Klima- und Artenschutz. Den deutschen Behörden scheinen das nicht zu kümmern: Die BLE weigert sich standhaft das Tropenholz tiefgründig zu prüfen, das Verteidigungsministerium schert sich nicht um geltende Holzhandelsgesetze.“

Umweltkriminalität ist ein hochprofitables Geschäft, laut Interpol liegt sie auf Platz drei des organisierten Verbrechens weltweit. Illegaler Holzhandel macht darin 70% der Umsatzvolumina aus. In Myanmar ist illegaler Holzeinschlag und Korruption sehr weit verbreitet. 2016 wurde ein Journalist ermordet, der zu dem Thema recherchierte, im Land herrschen bürgerkriegsähnlich Zustände. Die Holzhandelsspezialisten der Organisation “Nepcon” sehen in Myanmar ein maximales Risiko für illegalen Raubbau. „Der Bund steht mittendrin in diesem Sumpf aus Korruption und Vertuschung“, so Zahnen. Die Bunderegierung hat bereits 2018 verkündet, dass das Holz der Gorch Fock rechtlich nicht zu beanstanden sei. Dabei wurde nie ein Rechtsgutachten über das Holz angefertigt. „Schlimmer noch, nicht mal die Exportpapiere des Holzes wurden übersetzt. Sonst wäre der zuständigen Behörde doch aufgefallen, dass dort der bekannte Mafiaboss „Kingpin“ als Urheber des Holzes auftaucht.“, so Zahnen. Die Umweltorganisation befürchtet, dass EU-Umweltverordnungen wie die Europäische Holzhandelsverordnung künftig in Deutschland keine Bedeutung mehr haben, wenn selbst der deutsche Staat diese wissentlich und willentlich missachtet.

Hintergrund: Vom WWF recherchierte Unregelmäßigkeiten auf einen Blick

  • Die Zolldeklarationsnummern des Burma Teaks wurden beim Export des Holzes in Myanmar mehrmals geändert, um Steuern zu umgehen. Schnittholz wurde als Sperrholz ausgeführt. Damit wird das Holz laut EUTR illegal.
  • Auch der Preis des Holzes war allem Anschein nach zu niedrig angegeben, um Steuern zu umgehen. Damit wird das Holz laut EUTR illegal.
  • Verkäufer des Holzes in Myanmar war ein bekannter Mafiaboss. Das geht aus den Unterlagen der BLE hervor, in denen selbst seine Adresse vermerkt ist.
  • Über 300 Kubikmeter Burma Teak wurde für die Gorch Fock importiert. Für das Segelschiff werden aber höchstens 80 Kubikmeter gebraucht. Wo ist der Rest des Holzes?
  • Die Verwendung des Burma Teaks verstößt gegen die Beschaffungsrechtlinien des Bundes, da es kein Nachhaltigkeitszertifikat hat und aus Raubbau stammt. Es ist bekannt, dass aus Myanmar kein nachhaltige Holz bezogen werden kann. Außerdem ist Burma Teak unverhältnismäßig teuer und kommt sonst eher auf Luxusjachten zum Einsatz.  
  • Es gab viel mehr Holzimporte für die Gorch Fock als von Bundesregierung und BLE angegeben.
  • Die BLE, das BMEL sowie das Verteidigungsministerium zeigen seit Bekanntwerden der WWF-Vorwürfe im Jahr 2018 kein Willen zur Aufklärung oder zur Prüfung der vom WWF vorgeschlagenen günstigeren und nachhaltigeren Holzalternative. Selbst eine Vertreterin der EU-Kommission bat die BMEL auf einer öffentlichen Veranstaltung zur Prüfung der Vorwürfe. Auch dieser Aufruf wurde bis jetzt von den Behörden ignoriert.

Hintergrund:

Die EU-Holzhandelsverordnung (European Timber Regulation, EUTR) soll illegales Holz von der Europäischen Union fernhalten und Holz aus nachhaltigen Quellen stärken. Wer Holz oder Holzprodukte in die EU einführt, hat dafür Sorge zu tragen, dass es sich um legale Waren handelt. Das deutsche Implementierungsgesetz zur EUTR heißt Holzhandelssicherungsgesetz.

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