Ein Silberstreif am Horizont?

STAND DER DINGE

Kurz vor dem langen Osterwochenende erhielten wir eine weitere klare Bestätigung dafür, dass die Zentralbanken in aller Welt und insbesondere die amerikanische FED die Lage unter Kontrolle haben. Die FED beschloss mit Unterstützung und in Zusammenarbeit mit dem US-Finanzministerium, Umfang und Größe der Hilfen sowohl für den Primärmarkt für Unternehmenskredite (PMCCF) als auch den Sekundärmarkt für Unternehmenskredite (SMCCF) zu erweitern. Darüber hinaus wurden weitere Programme zur Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen sowie an US-Kommunalregierungen aufgelegt. Die SMCCF-Finanzierung wurde vom Finanzministerium aufgebracht. Das Eigenkapital stieg von 10 auf 25 Milliarden Dollar. Überraschend ist allerdings der Hebel auf das Eigenkapital. Er liegt bei Unternehmensanleihen mit Investment Grade (IG)-Rating (Finanzwerte ausgeschlossen) beim 10fachen, bei Anleihen unterhalb eines IG-Rating beim 7fachen. Somit kann die FED neben amerikanischen IG-Unternehmensanleihen und IG-ETFs auch Anleihen mit BB-Rating von erst kürzlich zu „Fallen Angels“ gewordenen Unternehmen kaufen. Darüber hinaus können nun auch High Yield-ETFs erworben werden, solange diese einen hohen Anteil an IG-Anleihen enthalten. Die Ford Motor Company mit ihren 48 Milliarden US-Dollar Schulden ist ein großer Gewinner. Aber auch der iShares iBoxx High Yield Corporate Bond ETF stieg am Donnerstag, den 9. April, um beeindruckende 6,55%. Dieser USHY-ETF verzeichnet seit Jahresbeginn eine Minusrendite von lediglich -5,05% gegenüber -9,21% für den iBoxx USD Liquid High Yield-Index. Nachdem der Index im Zuge des Ausverkaufs mit einem großen Abschlag gehandelt wurde, wurde er letzte Woche mit einem Aufschlag gehandelt! Am 23. März mussten beide Vehikel noch einen Tiefststand von -21% vermelden.

Auf dieser Seite des Atlantiks proklamiert die EZB Flexibilität. Alle Komponenten der Kaufprogramme gewinnen derweil an Zugkraft. Im Laufe des Monats März kaufte die EZB italienische Staatsanleihen im Wert von 6 Milliarden Euro – mehr als bislang vorgesehen. Gleichzeitig wurde der Aufkauf deutscher Bundesanleihen um fast 7 Milliarden Euro reduziert. Solche Abweichungen können sich über Monate, wenn nötig sogar über Jahre, erstrecken. Sie ermöglichen es der EZB, die italienischen 10-Jahres-Zinssätze auf maximal 1,60% bis 1,70% zu begrenzen und so die italienischen Behörden vor steigenden Finanzierungskosten zu schützen. Außerdem gewinnt die EZB Zeit, so dass sich die europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) zu einer richtigen Währungsunion entwickeln kann.

Wir glauben, dass ein wichtiger erster Schritt getan wurde. Die EU-Finanzminister haben sich auf ein 540 Milliarden Euro schweres Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Gesundheitskrise geeinigt: 100 Milliarden Euro gemeinsame Arbeitslosenversicherung, 200 Milliarden Euro an Mitteln der Europäischen Investitionsbank zur Sicherung der Liquidität von Unternehmen sowie 240 Milliarden Euro aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) – ohne strenge Auflagen. Außerdem soll an einem Fonds für den Wiederaufbau (Recovery Fund) gearbeitet werden, der sich auf insgesamt 500 Milliarden Euro belaufen könnte. Geplant ist dieser für das zweite Halbjahr 2020 und könnte damit das erste auf Gegenseitigkeit beruhende Finanzierungsinstrument der Eurozone werden.

Die Deflations-, Desinflations- und Inflationsdebatte steht ganz oben auf der Tagesordnung. Es besteht breite Übereinstimmung darüber, dass die Inflationsindikatoren in den nächsten 12, ja sogar 24 Monaten einen Rückschlag erleiden werden. Wir erleben jedoch eine gewisse Polarisierung bei der Beurteilung der Inflationsentwicklung im Bereich von 5 Jahren. Professionelle Ökonomen tendieren in Richtung einer Deflation/Desinflation. Viele Marktteilnehmer sind hingegen besorgter. Die marktbasierten Inflationserwartungen haben sich seit dem Tiefpunkt der Deflationsangst am 9. März solide erholt. Der Grund für den vorsichtigen Wiederanstieg der Inflationserwartungen hat sowohl einen technischen als auch einen Positionierungseffekt. Technisch betrachtet haben die meisten inflationsgebundenen Anleihen eine Inflationsuntergrenze. Sie werden auch nach Jahren der Deflation bei Rückzahlung zu 100% pari bezahlt. Mit dem Aspekt der Positionierung ist die Möglichkeit verbunden, inflationsgebundene Anleihen aktuell zu immer noch attraktiven Break-even-Zinssätzen zu kaufen. Die kombinierten Auswirkungen der untenstehenden

Fakten werden uns noch lange mit Inflationserwartungen beschäftigen lassen: o Die Zentralbanken werden den einheitlichen Inflationszielen um 2,00% treu bleiben und symmetrische Inflationsziele rund um diese Marke unterstützen.

  • Der desinflationäre Impuls der Globalisierung schwindet.
  • Die globale politische Antwort ist an der Basis reflationär. Die Geschichte der Inflation zeigt, dass es Überraschungen gibt.
  • Erholungszeiten für Angebot und Nachfrage sind höchst unsicher, werden jedoch asynchrone Muster aufweisen.
  • Der Faktor Arbeit, also die Löhne, wird möglicherweise nicht so hart gestraft. Der atypische Charakter dieser Rezession wird jedoch Anstrengungen von Kapital und Arbeit erfordern. Angesichts der Maßnahmen zur Rettung des Kapitals könnten wir erleben, dass Unternehmer bei Lohnverhandlungen und Tarifangeboten weniger Nutzen aus dem Arbeitsmarkt ziehen. Auch die staatlichen Institutionen könnten darauf ein wachsames Auge haben.

BEWERTUNGEN

Die Renditen für 10- und 30-jährige US-Anleihen stiegen im Verlauf der verkürzten Woche um 7 beziehungsweise 12 Basispunkte und schlossen bei 72 Basispunkten repektive 1,34%. Im Gegensatz dazu fielen die Realzinsen in den USA im 10-Jahres-Zeitraum um 3 Basispunkte in Richtung -51 Basispunkte, während dort die Realzinsen im 30-Jahres-Zeitraum ebenfalls um 3 Basispunkte in Richtung -12 Basispunkte fielen. Es scheint, dass steigende Inflationserwartungen durch einen Rückgang im negativen Bereich der realen Zinskurve erreicht werden. Mit einer unbegrenzten quantitativen Lockerung durch die FED halten wir an unserer impliziten Aufforderung zur Zinskurvenkontrolle fest. Die Realzinsen in den USA haben Spielraum für einen weiteren Rückgang, wenn man bedenkt, dass die Realzinsen im Vereinigten Königreich bei -2,62% liegen oder schwedische 10-jährige inflationsgebundene Anleihen mit -1,20% bewertet werden.

Die deutschen 10-Jahres-Renditen schlossen bei -35 Basispunkten, was einem Anstieg um 10 Basispunkte im Verlauf der Woche entspricht. Wir erwarten in den kommenden Wochen eine stärkere Konvergenz der Zinssätze innerhalb der EWWU, da die Marktteilnehmer eine gemeinsame Finanzierung mit höherer Wahrscheinlichkeit in Betracht ziehen werden – auch wenn es länger als erwartet dauern wird. Vor der Entstehung der EWWU in den 90er Jahren notierten 10-jährige französische und deutsche Staatsanleihen auf gleichem Niveau. Das derzeitige Spread-Niveau von 44 Basispunkten bei 10-jährigen Bundesanleihen könnte sich bald wieder verändern. Spanische und portugiesische Staatsanleihen bieten nach Absicherung des Euro- Währungsrisikos attraktive Renditen für internationale Investoren. Italien führt diese Hitliste an. Die Angst vor einem Auseinanderbrechen der EWWU muss jedoch vollständig verschwinden, damit internationale Investoren italienischen Staatanleihen wieder vertrauen. Für einige könnte der Durchbruch der letzten Woche ein guter Grund sein, Long-Positionen in attraktiven BBB-Länderspread-Risiken einzugehen.

Am Donnerstag, den 9. April, erzielten europäische IG-Unternehmensanleihen die beste 1-Tages-Rendite seit der globalen Finanzkrise. Der € iBoxx All Maturities legte um 90 Basispunkte zu und verringerte den Verlust seit Jahresanfang auf -5,06%. Die Spreads im IG-Bereich fielen auf 210 Basispunkte. Diese Woche herrschte an den Kreditmärkten ein Gefühl der „Angst, etwas zu verpassen“. Da die Bestände der Sell-Side Credit Market Maker durch die Nachfrage der Zentralbanken und einen vorübergehenden Rückgang der Primäremissionen ausgedünnt werden, wird der Sekundärmarkt von Investorengeld beflügelt. So konstruktiv wir bei den Spreads auch sind, wir unterstreichen, dass der Schaden, der im vergangenen Monat angerichtet wurde, beträchtlich ist. Eine Wiedergutmachung wird Zeit brauchen. Es ist jedoch beruhigend, dass die Puffer für die Kreditspreads zugenommen haben und mehr Schutz bieten, wenn die Zinsen wieder steigen sollten.

Europäische High Yield-Anleihen beendeten die Woche mit einer starken Bewegung. Wir begrüßen nicht nur die verstärkten Liquiditätshilfsprogramme von Regierungen und supranationalen Institutionen wie der Europäischen Investitionsbank, sondern glauben, dass wir auch damit beginnen sollten, den Ankauf von Unternehmensanleihen auf High Yields mit BB-Rating auszudehnen. Die EZB könnte in Erwägung ziehen, es der FED gleichzutun und ebenfalls jene Unternehmen unterstützen, die seit dem Ausbruch der Krise herabgestuft wurden. Der (europäische) High Yield-Markt wird weiterhin zwischen Gewinnern (Telekommunikation, Gesundheitswesen, Grundnahrungsmittel und bis zu einem gewissen Grad die Verpackungsindustrie) und Verlierern (Reisebranche, Glücksspiel, Fachhandel, Automobil) unterscheiden. Das breite Spektrum von Ausfallszenarien in den nächsten Jahren könnte die aggressive Spread-Einengung der vergangenen Woche 3 bremsen. Die Spreads europäischer High Yields sind bei rund 790 Basispunkten gestartet und lagen zum Ende der Woche bei etwa 690 Basispunkten. Eine Erholung in diesem Tempo ist für die Zukunft jedoch nicht nachhaltig, da schlechtere Fundamentaldaten auch die schwächsten Bilanzen beeinflussen werden. Die Bereitstellung von Kreditlinien sollte den Markt jedoch vor den schlimmsten Ausfallszenarien bewahren. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt deuten die High Yield Spreads auf einen scharfen, aber kurzen Abschwung der wirtschaftlichen Aktivität.

Die Anleihenmärkte der Schwellenländer haben sich vor den Osterferien weiter konsolidiert. Die Spreads in Lokalwährung (GBI-EM) verengten sich um 15 Basispunkte auf 470 Basispunkte. In Hartwährung gab es eine Rallye bis in das lange Wochenende hinein. In Hartwährung wurde Investment Grade bei 345 Basispunkten (- 15bp) gehandelt. Insgesamt haben sich Schwellenländeranleihen in Hartwährung (EMBIG) um 45 Basispunkte auf 620 Basispunkte verengt. Die Spreads in Subsahara-Afrika verengten sich in Hartwährung sogar um 120 Basispunkte (auf 890 Basispunkte).

Währungen der Schwellenländer zeigten die beste Wochenperformance seit Anfang Februar – vor allem jene, die zuvor am härtesten getroffen wurden, haben sich nun am besten entwickelt: mexikanischer Peso (+3,9%), indonesische Rupiah (+3,6%), ungarischer Forint (+2,8%), brasilianischer Real (+2,0%), jeweils in Euro. Die Währungen mit der schlechtesten Performance waren in Euro der argentinische Peso (-1,6%), die indische Rupie (-1,6%) sowie die türkische Lira (-1,2%).

Der Internationale Währungsfonds kündigte an, dass er jenen Ländern kurzfristige Dollar-Kredite gewähren wolle, die nicht genügend US-Staatsschulden halten, um am Fed-Programm teilzunehmen. Das Programm ermöglicht ausländischen Zentralbanken derzeit, vorübergehend US-Schulden gegen Dollar zu tauschen. Dies könnte die US-Dollar-Knappheit mildern und die Liquiditätsbedingungen auf dem Markt verbessern. Die OPECFörderkürzung dürfte zumindest eine vorübergehende Erleichterung für ölexportierende Schwellenländer bringen.

ZUSAMMENFASSUNG

Es gibt eine Frage, die wohl alle im Hinterkopf haben: Werden wir einen zweiten Stressmonat wie den März erleben? Die Antwort hängt von möglichen Lockdown-Verlängerungen ab, da sich die Ausbreitung der Infektion bisher noch nicht spürbar verlangsamt hat. Je länger wir mit Maßnahmen warten, die uns „zurück zur Normalität" führen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Finanzmärkte in einen erratischen und hochvolatilen Zustand zurückfallen. Das monetäre Sicherheitsnetz ist sowohl für Staatsanleihen als auch für IGUnternehmensanleihen beruhigend. Der High Yield Sektor erhält endlich mehr Aufmerksamkeit. Angesichts der Ungewissheit über künftige Dividendenausschüttungsquoten und längerfristige Gewinnwachstumsaussichten könnte vom Aktiensektor Verkaufsdruck ausgehen.

Die oben beschriebene Realität erfordert Disziplin bei der Portfoliokonstruktion. Eine angemessene Allokation auf dem Kreditmarkt für amerikanische Staats- und Unternehmensanleihen mit Investment Grade Rating wird belohnt. Man erhält nicht nur die beeindruckende Unterstützung der FED, sondern auch Diversifikationsvorteile durch den US-Dollar. Dieser bleibt die globale Reservewährung der Wahl und zeigt eine starke Flucht hin zu Qualität. Und auch die anderen Währungen des Dollar-Blocks (der australische, neuseeländische und kanadische Dollar) sollten derzeit nicht außen vorgelassen werden, da sie positiv auf frühe Signale der Wachstumsnormalisierung reagieren. Innerhalb der EWWU sehen wir attraktive Risiko/Rendite-Verhältnisse bei belgischen, spanischen und portugiesischen Staatsanleihen. Solide Investment Grade-Anleihen werden die erwarteten Renditen erhöhen. Bei Staatsanleihen aus Schwellenländern – sowohl in lokalen als auch in harten Währungen – sind wir vorsichtig optimistisch. Die Aufnahme von europäischen High Yields und Wandelanleihen in die Portfolioallokation bietet Erholungspotenzial. Eine Aufstockung auf dem derzeitigen Niveau erfordert jedoch einen langfristigen Anlagehorizont.

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