Naturschutz im Klimawandel: Bremer Projekt mit Vorbildcharakter

  • Schutz von Arten, Lebensräumen und Ökosystemleistungen unter sich ändernden klimatischen Bedingungen
  • ein Forschungs- und Entwicklungs-Vorhaben im Bundesprogramm Biologische Vielfalt

Der Klimawandel gefährdet empfindliche Arten und Lebensräume, aber auch die von Ökosystemen erbrachten Leistungen. Eine Konsequenz: Die Erfolgsaussichten von Naturschutzmaßnahmen, die nicht vermeidbare Eingriffe in den Naturhaushalt kompensieren sollen, schwinden ebenfalls. Können Anpassungsmaßnahmen helfen? Und wenn ja, welche? Dieser Frage geht das Projekt „Kompensationsflächenmanagement im Klimawandel“, kurz „KommKlima“, in Bremen nach. Im Umfeld der Stadt befinden sich zahlreiche Grünlandflächen, die als Kompensation für Eingriffe angelegt wurden bzw. optimiert werden sollen und die wichtige Leistungen für die biologische Vielfalt, den Klimaschutz und die Erholung erbringen.

Anlässlich einer Projektreise zum Thema „Naturschutz im Zeichen des Klimawandels“ besuchte Prof. Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) heute das Projekt. Das Forschungs- und Umsetzungsvorhaben im Bundesprogramm Biologische Vielfalt wird von der Hanseatischen Naturentwicklung GmbH (h a n e g) koordiniert und im Umsetzungsteil realisiert. Forschungspartner ist die Leibniz Universität Hannover.

„Der Klimawandel ist – neben der zunehmenden Landnutzung – inzwischen auch ein bedeutender Gefährdungsfaktor für die biologische Vielfalt, und zwar mit deutlich zunehmender Tendenz“, sagte Prof. Beate Jessel. „Wir müssen uns deshalb rechtzeitig mit den Auswirkungen des Klimawandels und entsprechenden Anpassungsmaßnahmen im Naturschutz beschäftigen – und das tun wir auch, zum Beispiel, indem wir das Projekt „KommKlima“ fördern.“

Das Projekt befasst sich seit 2016 unter anderem mit der Frage, wie sich auf Kompensationsflächen, die als Ausgleich für nicht vermeidbare Eingriffe in den Naturhaushalt geschützt oder aufgewertet werden, Artenvielfalt und ökologische Leistungen durch Anpassungsmaßnahmen langfristig erhalten lassen – und zwar unter veränderten klimatischen Bedingungen.

Die für Bremen typischen Feuchtwiesen, die sich als Grünlandring um die Stadt ziehen, sind einmaliger Lebensraum für zahlreiche gefährdete und seltene Pflanzen und Tiere. Der Klimawandel gefährdet dieses sensible Ökosystem: Kleingewässer und Böden trocknen aus, Amphibien verlieren ihren Lebensraum, Vogelarten wie Kiebitz oder Uferschnepfe finden in zur Brutzeit ausgetrockneten Böden keine Nahrung mehr. Starkregenereignisse schränken wiederum die landwirtschaftliche Nutzung ein und können sich negativ auf die Artenzusammensetzung des Grünlands auswirken.

„Die Folgen des Klimawandels gefährden das Überleben vieler, nicht nur seltener Pflanzen und Tiere unserer bisher gemäßigten Klimaregion. Indem hier eine Vorsorgestrategie erarbeitet wird und damit verbunden einzelne konkrete Maßnahmen bereits umgesetzt werden, ist das Projekt „KommKlima" ein bundesweiter Vorreiter beim Umgang mit den Folgen des Klimawandels im Naturschutz“, sagte Prof. Beate Jessel bei ihrem Besuch des neuen Grünlandpolders.

Der neue Grünlandpolder im Niedervieland ist eine dieser Vorsorgemaßnahmen, die im Rahmen des Projektes „KommKlima“ umgesetzt und dessen Wirkung wissenschaftlich begleitet wird. Zur Besichtigung dieser Maßnahme traf sich die BfN-Präsidentin vor Ort mit dem Projektteam. Im Grünlandpolder kann mit Hilfe eines Windrads Wasser aus umliegenden Fleeten zugeführt und so der Boden auch bei ausbleibenden Niederschlägen feucht gehalten werden. Wiesenvögel können hier mit ihren Schnäbeln im weichen Boden noch Nahrung finden, wenn der Boden in der Umgebung bereits ausgetrocknet und hart ist.

Schon kurz nach der Inbetriebnahme des errichteten Windschöpfwerkes konzentrierten sich die Wiesenvögel in diesem Bereich. „Das zeigt, wie wichtig zukünftig solche feuchten Oasen im Grünland für seltene und gefährdete Wiesenvögel sein werden, wenn sich der Trend zu heißen und niederschlagsarmen Frühjahren fortsetzt“, erklärte Kerstin Kunze, Projektleiterin und Verbundkoordinatorin bei der Hanseatische Naturentwicklung GmbH (h a n e g). Ihr Kollege, Hans-Ulrich Müller, Baumaßnahmenkoordinator bei der h a n e g, erläuterte die Funktionsweise des Polders hinsichtlich der erforderlichen Zu- und Entwässerung. Vertreter der Leibniz Universität Hannover als Forschungspartner im Projekt stellten die Ergebnisse der durchgeführten Erfolgskontrollen vor und demonstrierten die dazu durchgeführten Bodenuntersuchungen im Grünland.

Hintergrundinformationen:

„KommKlima: Kompensationsflächenmanagement im Klimawandel – Anpassungsmaßnahmen im Bremer Feuchtgrünland zum Erhalt von Ökosystemdienstleistungen und Empfehlungen zur Eingriffsregelung“

Die Hanseatische Naturentwicklung GmbH (h a n e g) koordiniert das Verbundvorhaben und ist Umsetzungspartner im Projekt, die Leibniz Universität Hannover fungiert als Forschungspartner. Das sechsjährige Forschungs- und Umsetzungsprojekt wird in der Förderinitiative „Forschung zur Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie“ gefördert.

Neben der Herstellung des Grünlandpolders wurden im Rahmen des Projektes vorhandene Kleingewässer vertieft, um ein Austrocknen vor dem Abschluss der Amphibienentwicklung zu verhindern. Zur Anpassung an zunehmend wechselhafte Witterungsverhältnisse erfolgte auf Probeflächen die Aussaat von regionalen schutzwürdigen Pflanzenarten, die auf wechselfeuchten Standorten gedeihen und sich bei weiterer Veränderung des Klimas im Bremer Feuchtgrünland ausbreiten könnten.

Im Naturschutzgebiet Ochtumniederung bei Brokhuchting werden zudem verschiedene Wasserbauwerke zur flexibleren und schnelleren Zu- und Entwässerung des Grünlands optimiert. Die Umsetzung dieser Maßnahmen wird im Herbst 2019 abgeschlossen.

Ob die gewählten Maßnahmen tatsächlich geeignet sind, die Resilienz der Lebensräume und Arten gegenüber den Folgen des Klimawandels zu erhöhen, wird durch Erfolgskontrollen im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitforschung überprüft. Hieran arbeitet ein Team der Leibniz Universität Hannover unter Leitung von Prof. Dr. Michael Reich. Zur Umsetzung der Untersuchungen im Gelände sind Freilandbiologen aus Bremen in das Forschungsprojekt eingebunden.

Ein „Klimawandel-Pflegeplan“ führt am Ende des Vorhabens die Erkenntnisse zusammen und formuliert Ziel- und Handlungsempfehlungen zum Umgang mit den Folgen der Klimaveränderungen in Bezug auf geeignete Naturschutzmaßnahmen, ihr zukünftiges Management und ihre Pflege. Die Ergebnisse des Projektes werden bundesweit übertragbar sein. Hierzu liefert auch die integrierte Forschungsarbeit von Prof. Dr. Christina von Haaren einen Beitrag, deren Ziel die Ableitung rechtlicher Konsequenzen des Klimawandels im Naturschutz ist.

Forschung zur Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie:

Die Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) wird seit 2011 durch eine gemeinsame Förderinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) unterstützt. Ziel der Förderinitiative „Forschung zur Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie“ ist es, Forschung und Umsetzung in lösungsorientierten Verbundprojekten eng miteinander zu verzahnen.

Das BMBF finanziert Teilprojekte, in denen die Forschungsfragen des Projektes bearbeitet werden, und das Bundesamt für Naturschutz (BfN) fördert mit Mitteln des BMU Teilprojekte, die sich den Umsetzungsmaßnahmen widmen.

Die Förderinitiative F&U-NBS ergänzt das Bundesprogramm Biologische Vielfalt, bei dem der Fokus auf Umsetzungsprojekten liegt.

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