„Konjunkur kein Grund zur Schwarzmalerei“

Die Normalisierung der Konjunktur und der veränderte Ausbildungsmarkt, die Rückführung von zulassungsfreien Gewerben in die Meisterpflicht und das Fachkräfteeinwanderungsgesetz waren neben anderen, die zentralen Themen der Sommervollversammlung der Handwerkskammer Reutlingen. Als Gastreferenten hatte die Kammer Prof. Dr. Hendrik Brumme, den Präsidenten der Hochschule Reutlingen geladen, der zum Thema „Kooperationsmöglichkeiten zwischen Handwerk und Hochschule beim Innovationstransfer“ sprach.

Normalisierung der Konjunktur nach einer Hochperiode

Kammerpräsident Harald Herrmann startete mit einem positiven Rückblick ins vergangene Jahr, das mit bundesweit fast 5 Prozent Umsatzzuwachs eines der besten Konjunkturjahre im Handwerk seit mehr als 20 Jahren war.

Laut jüngster Umfrage hat die Auftragsentwicklung im Kammerbezirk zum Jahresbeginn 2019 etwas an Dynamik eingebüßt, jedoch sind drei Viertel der Betriebe nach wie vor mit der Geschäftslage auch im zweiten Quartal zufrieden. Auch wenn die Wirtschaftsforscher ihre Prognosen vom Spätherbst 2018 längst nach unten korrigiert haben, ist Herrmann der Meinung, dass der für das Jahr 2019 nunmehr angegebene Wert von 0,8 Prozent noch kein Grund zur Panik sei. „Wir sollten in Anbetracht der Höhe des wirtschaftlichen Niveaus der vergangenen Jahre diese Entwicklung als Normalisierung nach einer Hochperiode sehen und nicht sofort in Schwarzmalerei verfallen“, so Herrmann. Die größten Unsicherheitsfaktoren lägen in den vom Protektionismusdenken geprägten weltweiten Handelskonflikten, die vor allem die USA entfacht haben, sowie in den Gefahren eines ungeordneten Brexits.

1.996 neue Ausbildungsverträge

„2018 wurden in unseren Betrieben im Kammerbezirk 1.996 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Das ist gegenüber dem Vorjahr ein Rückgang von 2 Prozent“, kommentierte Herrmann die Ausbildungszahlen. Schwankungen bei den Ausbildungszahlen seien dabei nicht ungewöhnlich. Im Unterschied zu den Vorjahren weise die Kammerstatistik für 2018 jedoch rund elf Prozent mehr Vertragsauflösungen innerhalb der Probezeit aus. Für den Präsidenten kann das viele Ursachen haben. Eine davon könnte in der demografischen Entwicklung liegen, denn wie selten zuvor hätten Jugendliche die Wahl zwischen verschiedenen Ausbildungswegen. Dies führe möglicherweise auch zu einer erhöhten Bereitschaft, eine Ausbildung schon in der Probezeit abzubrechen, wenn die Erwartungen sich nicht mit der Realität decken, den Betrieb zu wechseln oder sich neu zu orientieren. Dieser veränderte Markt stelle aber auch Betriebe vor veränderte Bedingungen, so Herrmann weiter. Die Zeit, da sie sich vor Bewerbungen nicht retten konnten, sei leider lange vorbei. Hohes Engagement, um Nachwuchs zu gewinnen und Auszubildende langfristig zu binden sei deshalb gefragt. Potentielle Auszubildende wollten umworben, Lehrlinge überzeugt werden, nach der Ausbildung im Betrieb zu bleiben. Herrmann: „Wir sind daher stolz auf unsere Auszeichnung ‚Lehrling des Monats’ mit der wir 12mal im Jahr der Öffentlichkeit den Vorbildcharakter einer engagierten Berufsausbildung im Handwerk zeigen und auf die Wertschätzung hinweisen, die diese verdient.“ 

Zulassungsfreie Handwerke

Hauptgeschäftsführer Dr. Joachim Eisert widmete sich dem Thema „Rückführung von zulassungsfreien Gewerken in die Meisterpflicht“. Hintergrund: Am 1. Januar 2004, dem Tag des Inkrafttretens der damaligen HwO-Novelle, entfiel für 53 Gewerke die Meisterpflicht. Noch sei nicht klar, welche Gewerbe künftig wieder den Befähigungsnachweis erforderten. Dem Vernehmen nach werden weiterhin die Kriterien der Gefahrgeneigtheit und der Ausbildungsleistung dem Gesetzentwurf zugrunde gelegt werden, darüber hinaus vermutlich auch die Kriterien Verbraucherschutz/Qualitätssicherung. Unverständlich sei für Eisert, dass das federführende Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nur die Verbände der zulassungsfreien Gewerbe angehört habe, obwohl auf dem Anhörungsbogen Fragen nach der Gründungs- und Löschungsstatistik gestellt worden seien, die nicht die Verbände, sondern allein die Kammern beantworten könnten. Denn nur sie verfügten insoweit über eine lückenlose Statistik. Eisert: „Uns ist es aber ebenso wichtig, dass wir den Bestandsschutz für die Betriebe, die seit 2004 auf der Basis des geltenden Rechts einen zulassungsfreien Betrieb gegründet haben, nicht in Frage stellen. Diese Betriebe gehören uns an. Wir haben nach der Handwerksordnung die Interessen des gesamten Handwerks zu vertreten – das sind im Bereich der Selbstständigen vornehmlich die Meisterbetriebe, aber eben nicht nur.“

Die Vorlage des Gesetzentwurfes zur HwO-Novelle wird in der Sommerpause erwartet. Mit einem Inkrafttreten wird zum 1. Januar 2020 gerechnet.

Fachkräfte gesucht

Ein anderes von Eisert angeschnittenes Thema galt dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das Anfang Juni die parlamentarischen Hürden genommen hat und grundsätzlich auf die so genannte Vorrangprüfung zugunsten von EU-Staatsangehörigen verzichtet und die Beschränkung auf so genannte Engpassberufe aufhebt. „Wir dürfen unsere Erwartungen nicht zu hoch schrauben“, so Eisert. „Man muss abwarten, ob dieses Gesetz tatsächlich einen spürbaren Beitrag zum Fachkräftemangel leisten wird, denn für Interessierte aus den 28 EU-Staaten besteht schon jetzt Freizügigkeit.“ Noch weise das Gesetz den Nachteil auf, dass die Suche eines Ausbildungsplatzes unverändert an einen Schulabschluss geknüpft sei, welcher der Fachhochschulreife im Herkunftsland entspräche. Das sei zwar ein Fortschritt zur anfänglich geplanten Regelung, wonach der Schulabschluss der deutschen Fachhochschulreife entsprechen sollte, das Handwerk habe aber darauf gepocht, dass ein Realschulabschluss genügen müsse und halte im Prinzip daran auch fest. „Auch begrüßen wir, dass von den Einwanderern gute Deutschkenntnisse verlangt werden, denn die geflüchteten jungen Menschen in der Berufsschule und den Gesellenprüfungen tun sich mit ihren geringen Deutschkenntnissen und vor allem mit den Fachbegriffen schwer, doch ohne die geht es nicht.“

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