Winterliche Bräuche der italienischen Schweiz

Vor allem zur Adventszeit werden im Tessin alte Traditionen lebendig, in denen die südländische Seele der Region sich mit mitteleuropäischen Bräuchen zu einem besonderen Erlebnis vereint. Dass der Winter im Tessin nicht triste ist, zeigt auch die Karnevalszeit, wenn Bellinzona zur Hochburg der Narren mutiert. An der Fasnacht, die hier „Rabadan“ heisst, was im lokalen Dialekt „Lärm“ bedeutet, feiern über 150.000 Menschen ausgelassen auf den Strassen und in den Festzelten. Damit hat Bellinzona nach Basel den grössten Karneval der Schweiz.

Crèfli und Spampezie – süsse Traditionen der Leventina

Traditionelles Tessiner Weihnachtsgebäck sind die Spampezie aus der Leventina. Der Name geht vermutlich auf das italienische Wort für Lebkuchen zurück „Pan di Spezie“. Zutaten sind Mehl, Butter, Honig, gehackte Nüsse und eine wohlschmeckende Gewürzmischung. Zur Herstellung der Spampezie, in abgeänderter Form auch Crèfli genannt, werden Backformen aus Nussbaumholz mit eingeschnitzten Dekorationen verwendet. Hauptmotive bildeten religiöse Themen wie die Heiligen Drei Könige, Sterne oder Fische aber auch Familien- und Gemeindewappen. Jeder Haushalt des Tals hatte sein eigenes Rezept mit dem die Bauern-, Industriearbeiter- und Eisenbahnerfamilien der Leventina das Traditionsgebäck einst zu Weihnachten und Neujahr oder an Kirchweihfesten als stärkenden Imbiss für die kalte Jahreszeit erstellten. Heute findet man die süssen Spezialitäten das ganze Jahr über in Bäckereien der Leventina, wie beispielsweise der Panetteria von Renato Schröder in Chiggiogna, die Spampezie noch nach alten Rezepten zubereitet, mit viel Nüssen und Grappa. Einige der schönsten historischen Spampezie-Ausstechformen können in der Casa Stanga in Giornico bewundert werden. Das volkskundliche Museum der Leventina bietet aber nicht nur interessante Einblicke in die Geschichte des Tals, sondern führt im November an drei Nachmittagen auch in die Herstellung der traditionellen Süssigkeiten der Leventina ein. Der Backkurs findet am 10., 17. und 24. November 2018 jeweils von 14.30 – 17.30 Uhr zum Preis von 50 Schweizer Franken pro Person statt. Natürlich können die gemeinsam produzierten Crèfli und Spampezie anschliessend mit nach Hause genommen werden. Anmeldungen werden bis eine Woche vor Kursbeginn direkt im Museum entgegengenommen.

www.spampezia-faido.ch | www.museodileventina.ch

Presepi a Vira: Kunstvolle Krippentradition

Zur Weihnachtszeit werden in vielen Tessiner Dörfern Krippen ausgestellt, welche die Weihnachtsgeschichte bildhaft darstellen. Ein Brauchtum, den die Anwohner von Vira Gambarogno mit ihrer Krippenausstellung „Presepi a Vira“ seit bald einem Vierteljahrhundert auf eine ganz besondere Weise pflegen. So sorgen vom 9. Dezember 2018 bis zum Dreikönigstag am 6. Januar 2019 über dreissig Krippen in den Gassen und Plätzen von Vira für eine ganz besondere Weihnachtsstimmung am Lago Maggiore. Erstellt werden die Krippen sowohl von Künstlern wie auch von Privatpersonen, die sich einen kreativen Wettstreit bieten. Eine Ausstellung unter freiem Himmel, die in eine andere Zeit zurückversetzt und einlädt zum Innehalten.

www.ascona-locarno.com

Biciocada – alljährliche Adventsfeier im Glockenturm

Das bezaubernde Dörfchen Morcote, am Luganer See gelegen, ist auch im Winter eine Reise wert. Besonders in den neun Tagen vor Weihnachten. Denn vom 16. bis 24. Dezember wird hier eine ganz besondere Weihnachtstradition gepflegt. Wiederbelebt wurde sie 1977 vom Pensionär Giuseppe «Pepo» Ardizio und einer Gruppe von Freunden. Seither treffen sich alljährlich ab dem 16. Dezember abends um 20.30 Uhr Einheimische und Gäste im Glockenturm der Kirche Santa Maria del Sasso in Morcote, um melodische Grüsse an die Menschen zu senden, als Vorbote für das Weihnachtsfest. Während abwechselnd die Glocke geläutet wird, werden am offenen Kaminfeuer Würste gegrillt. Dazu gibt es Käse, Salametti, Tessiner Wein und geselliges Beisammensein.

www.morcoteturismo.ch

Epifania – Dreikönigsfest im Tessin

Mit dem Dreikönigstag gehen im Tessin die Feierlichkeiten zum Jahreswechsel zu Ende, ein Festausklang, bei dem sowohl süd- wie auch mitteleuropäische Traditionen eine wichtige Rolle spielen. Weit verbreitet ist das Dreikönigs- oder Sternensingen, welches seit 2012 auch in der Liste der „Lebendigen Traditionen der Schweiz“ aufgeführt ist. Hierbei ziehen Schüler als die Heiligen Drei Könige von Haus zu Haus und singen alte und neue Dreikönigslieder, darunter auch religiöse Weisen aus dem 17. Jahrhundert. In einigen Tessiner Dörfern wie Morcote, Vira Gambarogno, Arzo oder Castel San Pietro kommen Kaspar, Melchior und Balthasar an diesem Tag hoch zu Ross und verteilen auf dem Kirchplatz Süssigkeiten an die Kinder. Besonders beliebt ist der Ritt der Könige im Val Capriasca bei Lugano, der allerdings bereits am 5. Januar stattfindet. Kinder der Region weisen den verkleideten Männern den Weg ins Kapuzinerkloster von Bigorio, welches die Heiligen Drei Könige feierlich empfängt. Anschliessend findet in der Kapelle eine Messe statt.

Neben den Heiligen drei Königen kommt zu diesem Festtag im Tessin auch die Befana zu Besuch, eine mythische Figur, die sich vor allem im benachbarten Italien grosser Beliebtheit erfreut. Der Name Befana stammt von Epifania ab, dem Kirchenfest der Heiligen Drei Könige. Dem italienischen Volksglauben nach ist sie eine gute Hexe, die in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar mit ihrem Besen von Haus zu Haus fliegt und die bereitgestellten Strümpfe der Kinder mit Geschenken und Leckereien füllt. Sie soll einst vom Hirten die Botschaft der Geburt Jesu gehört haben. Der Stern von Bethlehem sollte sie zur Krippe führen, doch da sie zu spät aufbrach, war der Stern bereits erloschen. Deshalb fliegt sie heute noch durch die Gegend und beschenkt Kinder, in der Hoffnung, dass eines davon das Christkind sei.

Eine neuere Tradition für Hartgesottene ist das erfrischende Bad im Lago Maggiore am 6. Januar. Die «Nodada della Befana», wie das Drei-Königs-Schwimmen im Tessiner Dialekt heisst, wurde im Jahre 2001 erstmals durchgeführt. Elf Wagemutige sprangen damals ins kalte Wasser des Langensees. Dutzende von Personen aus dem In- und Ausland nehmen mittlerweile an diesem Volksschwimmen teil und durchqueren dabei eine achtzig Meter lange Strecke im Hafenbecken des Grenzdorfes Brissago. Dem Tag angemessen wird dabei gerne eine Königskrone aufgesetzt. Erfahrungsgemäss ist das Wasser des Sees zu dieser Jahreszeit meist wärmer als die Luft. Ins Schlottern kommt man dabei dennoch.

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Im Reich von König Rabadan

Zur Faschingszeit wird Bellinzona zur Karnevals-Hochburg. Anlässlich der Fastnacht, im Tessin "Rabadan" genannt  (Bedeutung im Piemonteser Dialekt "Lärm"), feiern über 150‘000 Menschen ausgelassen auf den Strassen und in den Festzelten. Damit veranstaltet Bellinzona nebst Basel und Luzern einen der grössten Karnevale der Schweiz. Das närrische Treiben beginnt am Schmutzigen Donnerstag (28. Februar 2019), wenn Bellinzonas Stadtpräsident die Schlüssel der Stadttore an Seine Majestät König «Rabadan» übergibt. Danach haben im Tessiner Kantonshauptort fünf Tage lang die Narren das Sagen. Höhepunkt ist der Umzug am Faschingssonntag. Am sogenannten «Corteo mascherato» nehmen über fünfzig Wagen und Gruppen teil. Elementare Bestandteile des «Rabadan» sind ferner Maskenwettbewerbe, Seilziehturniere, Guggenkonzerte und ein Risotto-Essen. Für Speis und Trank ist in den zahlreichen Festzelten gesorgt, die Platz für über 40‘000 Personen bieten. Bis in die frühen Morgenstunden wird in der „Festhütte Bellinzona“ ausgelassen gefeiert. 

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